Fast-Fashion-Apps: Vorsicht vor Manipulation von Kindern

Die Marke „SHEIN“ ist auf Social Media in aller Munde und besonders bei Jugendlichen bekannt für sehr günstige Kleidung und Accessoires. Ihre App steckt jedoch voller Tricks, die junge NutzerInnen zum Kaufen anregen sollen. Bei SCHAU HIN! lesen Eltern, wie sie ihr Kind dagegen stark machen.

Die Seite des Konzerns SHEIN ist mittlerweile die am häufigsten besuchte Fashion-Website der Welt. In den letzten Wochen berichteten viele Medien, wie manipulativ die SHEIN-App aufgebaut ist. Sie will augenscheinlich vor allem junge Menschen mit Belohnungen zu treuen KundInnen machen. Neben Gutscheinen und Rabattcodes stoßen Kinder und Jugendliche in der App auf sogenannte „Dark Patterns“. Das sind Mechanismen, die NutzerInnen zum übermäßigen Kaufen anregen und an die App binden sollen. Dark Patterns wirken subtil und ihre Wirkung wird häufig nicht bewusst wahrgenommen. Dennoch beeinflussen sie das Verhalten auf der App. Für junge NutzerInnen, die noch unerfahren im Umgang mit Online-Käufen sind, stellen sie ein besonders hohes Risiko dar.

Faszination Fast-Fashion in sozialen Netzwerken

Viele Eltern fragen sich: Warum erzielen ausgerechnet Online-Shops von Ultra-Fast-Fashion-Unternehmen überhaupt so eine große Aufmerksamkeit bei Kindern und Jugendlichen? Ein großer Faktor dabei sind soziale Netzwerke: Das Unternehmen SHEIN ist dort allgegenwärtig. Sowohl auf TikTok als auch auf YouTube war sie im Jahr 2020 die meisterwähnte Marke in gesponserten Posts. Der Hashtag #SHEINHaul konnte auf TikTok bisher 3,9 Milliarden Aufrufe erzielen. 

Fast-Fashion

Beim Geschäftsmodell (Ultra)-Fast-Fashion der Modeindustrie werden die Kollektionen trendaktuell designt, meist unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen produziert und zu extrem niedrigen Preisen verkauft.

Social Media befeuert Unmittelbarkeit – so auch bei der Mode. Mit den unzähligen Produkten, die NutzerInnen jeden Tag in den Netzwerken sehen, entsteht ein Gefühl von direkter Verfügbarkeit – und das kann bei jungen Menschen Besitzwünsche wecken. Ist ein bestimmter Kleidungsstil beispielsweise auf TikTok angesagt, spüren Konzerne wie SHEIN den Trend präzise auf, reagieren unmittelbar und bieten entsprechende Produkte günstig an. Zudem betreibt das Unternehmen extremes InfluencerInnenmarketing: Beliebte Online-Stars machen die Produkte attraktiv und beeinflussen das Kaufverhalten ihrer Fans. Viele InfluencerInnen haben bei SHEIN bereits eine eigene Kollektion, die von ihren FollowerInnen nachgekauft werden soll.

Mechanismen in der SHEIN-App

Einer der Dark Patterns der SHEIN-App sind zeitbegrenzte Rabatte, die mit Countdowns herunterlaufen. So wird NutzerInnen wird das Gefühl vermittelt, etwas zu verpassen, wenn sie eine Chance nicht nutzen. Hinweise, die aufblinken und ein Gratis-Geschenk versprechen, wenn noch mehr in den Einkaufswagen gelegt wird, können ebenfalls Kinder und Jugendliche zu unüberlegten Kaufhandlungen bewegen.

Generell dreht sich in der SHEIN-App alles um das Sammeln von Punkten, mit denen Geld beim Einkauf gespart werden kann. Allerdings verfallen sie auch nach einiger Zeit wieder – so wird der Druck erhöht. Die Punkte erhalten NutzerInnen einerseits durch das tägliche Öffnen der App, sodass diese ständig präsent ist. Außerdem bringt jeder Kauf neue Punkte, was dazu anregen soll, immer weitere zu tätigen. Andererseits lassen die Punkte sich auch verdienen: in Challenges oder durch Bewerbung der Produkte bei FreundInnen. Zudem werden in Livestreams in der App, die sich um Sales drehen, auch große Mengen an Punkten verlost und Schatztruhen angeboten, die an Lootboxen erinnern. Besonders kritisch ist zu bewerten, dass es in der SHEIN-App auch glücksspielähnliche Games zu finden sind. Solche Dark Patterns machen die Nutzung der App unsicher für Heranwachsende – selbst dann, wenn diese die Anwendung zunächst ohne Kaufintentionen, sondern nur aus Interesse herunterladen.

Kinder stark machen: Kaufwünsche hinterfragen

Für junge NutzerInnen ist es fast unmöglich, der Online-Präsenz von Ultra-Fast-Fashion-Konzernen wie SHEIN zu entgehen. Umso wichtiger ist es, dass Eltern mit ihnen im Gespräch bleiben und sich dafür interessieren, was bei ihnen gerade angesagt ist. So können sie ihr Kind dabei unterstützen, Besitzwünschen standzuhalten: Nicht alles, was man toll findet, muss man auch selbst kaufen. Dabei hilft es auch, wenn Heranwachsende ein Verständnis davon haben, was die kommerzielle Interessen von InfluencerInnen sind. Bewerben diese SHEIN-Produkte, erhalten sie zehn bis 20 Prozent Provision auf jeden Kauf.

Die mobile Anwendung von SHEIN ist in den App-Stores ab zwölf Jahren freigegeben. Damit jüngere Kinder nicht in Kostenfallen tappen, sollte die Installation zunächst Elternsache bleiben und In-App-Käufe deaktiviert werden. Auch Push-Benachrichtigungen lassen sich ausschalten. So ist das Risiko geringer, dass Apps Druck ausüben. Wenn Eltern ihrem Kind die Verantwortung zutrauen, kann gemeinsam ein Budget für Online-Käufe vereinbart werden. Im Idealfall sorgen Eltern dafür, dass ihr Kind sicher und bewusst den Umgang mit Geld lernt. Dazu gehört: Nichts kaufen, nur weil es wie eine einmalige Gelegenheit oder ein außergewöhnliches Angebot dargestellt wird. Bezahlvorgänge und Bestellungen können anfangs von den Eltern begleitet werden: Diese sollten dann wachsam sein und zum Beispiel die Informationen zu Versand oder Gebühren gründlich nachlesen, die bei manchen Online-Shops erst ganz am Ende dazu addiert werden.

Quelle

SCHAU HIN!

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
Logo: Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz