Krebs bei Kindern und Jugendlichen

Bianca Kaufmann und Dr. Johanna SchroederDks-logo-rgb

Kaufmann Schroeder Web

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 2.200 Kinder und Jugendliche an Krebs. Die Diagnose bedeutet für jede Familie einen Schock. Denn trotz vielfältiger medizinischer Fortschritte ist die heimtückische Krankheit noch immer lebensbedrohlich. Sie bringt einschneidende Veränderungen für die Betroffenen und ihre Familien mit sich. Ihr Leben steht mit einem Mal kopf – nichts ist mehr so, wie es mal war. Hinzukommen mögliche Spät- oder Langzeitfolgen.

Krebs im Kindes- und Jugendalter – was ist das?

Die Diagnose Krebs erschüttert Betroffene zu jeder Zeit und in jedem Alter und ist äußerst belastend. Betroffenen schwirren viele Fragen im Kopf herum: Was genau bedeutet die Diagnose? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es und wie läuft eine Therapie ab? Wie sind die Aussichten auf Heilung und welche Spätfolgen können Erkrankung und Therapie mit sich bringen?

Bei Krebs im Kindes- und Jugendalter ist dies nicht anders, jedoch betrifft die Erkrankung in jungen Jahren immer auch die gesamte Familie.

  • Wie organisieren wir jetzt bloß als Familie unseren Alltag?
  • Wer begleitet unser Kind bei Therapien und Krankenhausaufenthalten und wer kümmert sich währenddessen um die Geschwister?
  • Welche psychosozialen Hilfestellungen gibt es und wer kann in krankheitsbedingten finanziellen Notlagen helfen?

Antworten auf viele dieser Fragen und Unterstützung in dieser kräftezehrenden Zeit erhalten Betroffene und deren Familien von diversen Seiten: den behandelnden Ärzten und dem interdisziplinären Team aus Psychologen, Physiotherapeuten, Pflegefachkräften und Co. in den kinderonkologischen Zentren, von regionalen Elternvereinen und Förderkreisen sowie der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Zudem können sie mit viel Hoffnung in die Zukunft blicken. Denn dank Forschung und kontinuierlichen Therapieverbesserungen im Laufe der letzten Jahrzehnte werden heute rund 82 % der Kinder und Jugendlichen, die eine Krebsdiagnose erhalten, geheilt.

Welche Krebsarten können vorkommen?

Bei bösartigen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter handelt es sich in den meisten Fällen um grundlegend andere Arten von Krebs als beim Erwachsenen. Prinzipiell kann jedes Gewebe im Körper entarten und jede gesunde Zelle kann sich zu einer Krebszelle entwickeln. So unterschiedlich wie die Gewebearten in unserem Körper sind, so vielgestaltig kann auch der Krebs sein. Während die meisten Tumoren im Erwachsenenalter der Gruppe der Karzinome zuzuordnen sind, sind bei Kindern bösartige Erkrankungen des Blutes am häufigsten. Leukämien machen etwa 30 % der Krebsneuerkrankungen aus. An zweiter Stelle stehen Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS – Gehirn und Rückenmark) mit 24 %, gefolgt von Krebserkrankungen des lymphatischen Gewebes mit 14 %.

Grafik Kkr Neu

Relative Häufigkeiten der an das Deutsche Kinderkrebsregister gemeldeten Krebs-Erkrankungsfälle bei Kindern zwischen 2009-2018, basierend auf insgesamt 21.831 unter 18-jährigen Patienten (Quelle: www.kinderkrebsregister.de)

Leukämien

Leukämien sind die häufigsten Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Sie entstehen aufgrund einer Entartung von Vorläuferzellen der weißen Blutzellen im Knochenmark, wodurch es zu einer unkontrollierten Vermehrung dieser unreifen Zellen kommt und die Bildung funktionsfähiger Zellen des Bluts verhindert wird. Neben dem Knochenmark können auch weitere Organe von diesen unreifen Zellen befallen sein, weswegen man auch von Systemerkrankungen spricht. Zur Behandlung von Leukämien wird in der Regel eine Chemotherapie eingesetzt, die bei manchen Patienten durch eine Strahlentherapie und / oder Stammzelltransplantation ergänzt wird.

ZNS-Tumoren

Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS) stellen die zweithäufigste Gruppe der Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter dar. Sie umfassen eine Vielzahl verschiedener Tumoren, die von ganz unterschiedlichen Zellen im Gehirn oder Rückenmark ausgehen. Die verschiedenen ZNS-Tumoren weisen ein sehr unterschiedliches Wachstumsverhalten auf und werden auch sehr unterschiedlich behandelt. Falls möglich, wird der Tumor operativ entfernt. Je nach Tumorart schließt sich lediglich eine Nachbeobachtung oder auch eine Chemo- und / oder Strahlentherapie an.

Lymphome

Lymphome stellen mit ca. 15 % die drittgrößte Gruppe der Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter dar. Sie entstehen durch die Entartung von Zellen des lymphatischen Systems. Neben den Lymphknoten können auch weitere Körperregionen befallen sein, daher spricht man von einer Systemerkrankung. Zur Behandlung der Lymphome wird in der Regel eine Chemotherapie eingesetzt, die bei manchen Patienten durch eine Strahlentherapie und / oder Stammzelltransplantation ergänzt werden muss.

Weitere solide Tumoren

Solide Tumoren sind feste Tumoren, die durch eine Entartung von Zellen in verschiedenen Organen entstehen. Die häufigsten bösartigen soliden Tumoren sind die ZNS-Tumoren, gefolgt von den Weichteilsarkomen (ausgehend von Weichgeweben wie Muskeln, Bändern oder Nervengewebe), den peripheren Nervenzelltumoren (ausgehend von Zellen des sympathischen Nervengewebes im Körper), den Knochentumoren und den Nierentumoren. Für die meisten soliden Tumoren ist eine Operation die Therapie der Wahl, gefolgt von einer Chemo- und / oder Strahlentherapie.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Da die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einer Krebserkrankung sehr intensiv und komplex ist, sollte sie immer in einem kinderonkologischen Zentrum erfolgen. Dort hilft ein multidisziplinäres Behandlungsteam aus Kinderonkologen, Kinderchirurgen, Strahlentherapeuten, Pathologen, Kinderpsychologen, Pflegepersonal und vielen anderen, die bestmögliche Therapie für jedes erkrankte Kind durchzuführen.

Die einzelnen kinderonkologischen Kliniken sind untereinander eng vernetzt. Die Patienten werden nach einheitlichen Therapiestandards behandelt – oft im Rahmen von sogenannten Therapieoptimierungsstudien. Das sind klinische Studien, in denen die Behandlung nach dem aktuellsten Therapiestandard erfolgt und gleichzeitig geprüft wird, ob der Behandlungserfolg durch neue Methoden noch weiter verbessert oder das Risiko für Spätfolgen gesenkt werden kann.

Die wichtigsten Therapieverfahren bei Kindern und Jugendlichen mit Krebs sind die Operation, die Chemotherapie und die Strahlentherapie. In manchen Fällen ist zudem eine Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Stammzelltransplantation notwendig. Zur Linderung der Nebenwirkungen der Therapien werden normalerweise noch unterstützende Maßnahmen im Rahmen der sogenannten Supportivtherapie notwendig.

Operation

Die Operation ist in der Behandlung solider Tumoren ein sehr wichtiger Baustein. Diese kann gleich zu Beginn der Behandlung oder auch erst nach einer Chemo- oder Strahlentherapie durchgeführt werden. Sie kann der Tumorverkleinerung oder -entfernung, der Biopsieentnahme oder auch der Entfernung von Metastasen dienen. Auch eine OP zur Organtransplantation kann in wenigen Fällen notwendig sein. Es können auch Operationen zur Unterstützung der Therapie oder Linderung von Komplikationen durchgeführt werden.

Chemotherapie

Eine Chemotherapie ist eine Behandlung mit Medikamenten, die das Wachstum von Zellen hemmen. Diese nennt man Zytostatika. Meistens ist das Ziel einer Chemotherapie, alle Krebszellen zu vernichten, um eine langfristige Heilung zu erreichen. Sie kann aber auch zur Verzögerung des Tumorwachstums oder Linderung von Komplikationen durch den Tumor eingesetzt werden.

Strahlentherapie

Etwa jedes zweite Kind oder jeder zweite Jugendliche wird im Rahmen seiner Krebsbehandlung bestrahlt. Dank verbesserter Bestrahlungsmethoden können inzwischen auch tiefliegende Tumoren gut bestrahlt und dabei das umliegende Gewebe möglichst geschont werden. Dabei wird die Strahlentherapie eingesetzt, um möglichst alle bösartigen Zellen zu vernichten und so eine Heilung zu erreichen, aber auch um zur Linderung von Beschwerden durch den Tumor beizutragen.

Stammzelltransplantation

Bei einer Stammzelltransplantation werden Vorläuferzellen der Blutbildung übertragen. Diese können entweder aus dem Knochenmark oder nach einer Vorbehandlung mit Wachstumsfaktoren aus dem Blut des Spenders entnommen werden. Je nachdem, aus welchem Grund eine Stammzelltransplantation notwendig wird, können entweder vor einer Chemotherapie gesammelte eigene Stammzellen (autologe Stammzelltransplantation) oder Stammzellen eines fremden Spenders (allogene Stammzelltransplantation) übertragen werden.

Neue Therapiemöglichkeiten

Neue Therapiemöglichkeiten basieren oft auf einem zielgerichteten Eingreifen in Signalwege der Tumorzellen, um z. B. Prozesse zu stoppen, die zur unkontrollierten Vermehrung von Tumorzellen führen oder bewirken, dass Tumorzellen gegen Chemotherapie oder Strahlentherapie resistent sind. Aber auch sogenannte Immuntherapien werden zunehmend erforscht, die darauf beruhen, dass das eigene Immunsystem die kranken Zellen erkennen und vernichten kann.

Diese neuen Therapien befinden sich weitestgehend noch in der Erforschung und werden erst in wenigen Fällen eingesetzt.

Hilfe im Alltag für Betroffene

Bei einer schweren Erkrankung eines Familienmitglieds, insbesondere eines Kindes, kommen auf das direkte Umfeld Mehrbelastungen in vielen Bereichen zu, z. B. auch in finanziellen. Sei es durch die ständigen Fahrten ins Krankenhaus, eine mögliche doppelte Haushaltsführung oder die Geschwisterbetreuung. Für betroffene Familien ist es daher hilfreich, die sozialrechtlichen Möglichkeiten, die der Gesetzgeber ihnen anbietet, zu kennen und diese auch rechtzeitig auszuschöpfen.

Es ist jedoch sehr verständlich, dass sich Eltern während der Akuttherapie ihres Kindes nicht noch mit sozialrechtlichen Dingen und Verwaltungsparagraphen auseinandersetzen möchten oder können. Auch ist es schwer, bei der Vielzahl an Informationen, den Durchblick zu haben.

Einen Überblick darüber, welche Leistungen und Unterstützungen es gibt und wer einem weiterhelfen kann, erhalten Betroffene in erster Linie beim psychosozialen Team des jeweiligen Krankenhauses. Die Mitarbeitenden dieser Teams unterstützen und begleiten Betroffene – sei es durch sozialrechtliche Beratung oder psychosoziale Angebote.

TIPP: Bei der Deutschen Kinderkrebsstiftung erhalten Sie kostenlos die Broschüre „Sozialrechtliche Informationen“, die 2021 neu aufgelegt wurde. Sie informiert übersichtlich über die Themen Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung, Schwerbehinderung und medizinische Rehabilitation – nach der aktuellen Gesetzeslage von 2021. Zudem finden sich in der Broschüre Hinweise für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und es gibt Informationen zum Lernen und Schule sowie zu finanziellen Zuschüssen. Nicht zuletzt sind wichtige Adressen von Anlaufstellen aufgeführt, wo man weitere Auskünfte erhält.

Das Angebot der Deutschen Kinderkrebsstiftung für Betroffene

Bundesweit gibt es zahlreiche Elternvereine und Förderkreise, die von Eltern krebskranker Kinder gegründet wurden. Sie wissen um die Situation der Patienten und Familien aus eigener Erfahrung und können daher auf besondere Art und Weise Unterstützung und Beratung anbieten.

Insgesamt 76 dieser regionalen Elternvereine haben sich zur „Deutschen Leukämie-Forschungshilfe, Aktion für krebskranke Kinder e. V.“ (DLFH) zusammengeschlossen und 1995 die Deutsche Kinderkrebsstiftung (DKS) ins Leben gerufen. Die Stiftung unterstützt Betroffene, damit sie mit ihrem schweren Schicksalsschlag nicht allein dastehen. Ziele der Stiftung sind die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten, der pädagogischen und psychologischen Begleitung sowie die Unterstützung der Familien, die durch die Krebserkrankung ihres Kindes in finanzielle Nöte geraten sind. Bei nachgewiesener Bedürftigkeit können Familien einmalig eine finanzielle Zuwendung aus dem Sozialfonds erhalten.

Die Arbeit der Stiftung finanziert sich fast ausschließlich durch Spenden. Im Aufsichtsorgan der Stiftung engagieren sich Vertreter der örtlichen Eltern- und Fördervereine, Personen des öffentlichen Lebens sowie Expertinnen und Experten der Kinderonkologie ehrenamtlich und unentgeltlich.

Um Behandlungsmöglichkeiten fortwährend zu verbessern, fördert die Deutsche Kinderkrebsstiftung zahlreiche klinische, patientenorientierte Forschungsprojekte und Therapiestudien in Deutschland. Derzeit werden rund 100 laufende Forschungs- und Strukturprojekte wie zum Beispiel klinische Studien, psychosoziale Projekte oder Behandlungsregister von der DKS finanziert.

Kindern, Eltern und Fachleuten stellt die Stiftung zudem zahlreiche Informationsmaterialien zur Verfügung: Bilderbücher, Aufklärung über Krebserkrankungen, Sozialrecht oder Hilfen für die schulische Situation krebskranker Kinder unterstützen die Familien und ihr Umfeld im Umgang mit der Krankheits- und Belastungssituation.

Einrichtungen der Deutschen Kinderkrebsstiftung

Die Deutsche Kinderkrebsstiftung betreibt in Heidelberg das Waldpiraten-Camp (www.waldpiraten.de), eine Freizeiteinrichtung für krebskranke Kinder und ihre Familien. Hier können an Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche mit ihren Geschwistern, Mut und Kraft tanken, sich neu ausprobieren, Lebensfreude erleben und Kontakte zu anderen Betroffenen knüpfen. Auch Familien- und Trauerseminare werden angeboten.

Seit 2015 gehört auch die SyltKlinik (www.syltklinik.de) zur Deutschen Kinderkrebsstiftung. Hier kann die ganze Familie nach der oftmals langen und kräftezehrenden Behandlung eine familienorientierte Rehabilitation in Anspruch nehmen und in idyllischer Lage am Meer Kraft für die Rückkehr in den Alltag tanken.

Mentoren und Mutmacher

Darüber hinaus richtet die Deutsche Kinderkrebsstiftung ihr Augenmerk auch auf die schätzungsweise 50.000 Menschen in Deutschland, die Krebs im Kindes- oder Jugendalter überlebt haben. Die sogenannten „Survivor“ haben auch lange nach der Erkrankung teilweise noch mit Spät- und Langzeitfolgen zu kämpfen. Information und Austausch erhalten sie beim Survivor Day, der alle zwei Jahre stattfindet, oder den Junge-Leute-Seminaren der Deutschen Kinderkrebsstiftung. Auch unterstützt die Stiftung die Überlebenden dabei, anderen Patienten Mut zu machen. Zum Beispiel im Rahmen des Mentoren Netzwerks oder der Regenbogenfahrt. Bei dieser Mut-Mach-Tour begeben sich einmal im Jahr rund 50 ehemals krebskranke Regenbogenfahrer der Deutschen Kinderkrebsstiftung mit dem Fahrrad auf den Weg durch Deutschland. Ihre Botschaft an akut erkrankte Kinder, Jugendliche und ihre Familien: auch Ihr könnt wieder gesund werden! Um diese Botschaft zu verbreiten, stellen sie sich selbst der Herausforderung, rund 600 Kilometer auf dem Rad zu bewältigen und besuchen Kinderkrebsstationen auf ihrer Strecke. Weitere Infos hierzu

Wichtige Anlaufstellen für Patienten, Eltern und Angehörige

  •  www.kinderkrebsinfo.de: Die Infoseite, die von der DKS finanziert und von Expertinnen und Experten kontinuierlich aktualisiert wird, stellt fundierte Informationen zu Krebs im Kindes- und Jugendalter bereit. Auch Adressen und Informationen zu Nachsorge- und Rehaeinrichtungen sowie weitere Angebote finden Sie dort.
  • www.kinderkrebsstiftung.de: Auf der DKS-Website finden Sie Informationen rund um das Thema Krebs bei Kindern und Jugendlichen, Angebote, Veranstaltungstermine, Adressen von Elternvereinen, Förderkreisen und weiteren Beratungsstellen sowie vieles mehr.

Autorinnen

Bianca Kaufmann

E-Mail

Dr. Johanna Schroeder

E-Mail

Deutsche KinderkrebsstiftungKinderkrebsstiftung

Deutsche Leukämie-Forschungshilfe –

Aktion für krebskranke Kinder e.V.

Adenauerallee 134

53113 Bonn

Telefon: 0228 68846-0

E-Mail

Website

eingestellt am 17. Januar 2023

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
Logo: Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz