Liebe aus sozialpsychologischer Sicht

Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff und Dr. Elke Rohmann
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Liebe erweist sich aus sozialpsychologischer Sicht als ein vielschichtiges Phänomen, bei dem Leidenschaft, Intimität und Bindung zentrale Ebenen der Betrachtung darstellen. Im Einzelnen wird zwischen sechs Liebesstilen unterschieden: Romantisch, spielerisch, freundschaftlich, besitzergreifend, pragmatisch und altruistisch. Die höchste subjektive Bedeutung weist der romantische Liebesstil auf, der auch am höchsten mit der Beziehungszufriedenheit zusammenhängt. In Paarbeziehungen hängen die Liebesstile beider Partner positiv zusammen, außer bei dem besitzergreifenden Liebesstil. Die Liebesstile verändern sich am ehesten, wenn ein Wechsel des Beziehungspartners stattfindet. Ihre Ausprägung ist weniger durch Vererbung als durch soziales Lernen bestimmt. Bestimmte Liebesstile können Glücksbringer sein, andere stellen bei hoher oder extremer Ausprägung eine Belastung für die Beziehung dar.

1. Einleitung

Liebe gehört zu den Dingen des Lebens, die für uns die größte Bedeutung haben: Liebe und Arbeit kennzeichnen die zwei wichtigsten Lebensaufgaben des Menschen. Es geht einerseits darum, gemeinsam mit einem Partner oder einer Partnerin zu leben, und andererseits darum, beruflich erfolgreich zu sein.

Die nachfolgenden Beispiele verdeutlichen, dass Liebe in unterschiedlichen Formen auftreten kann:

  • Ein Soldat verliebt sich unsterblich in eine Krankenschwester.
  • Eine Frau pflegt ihren kranken Mann, weil sie sich ihm liebevoll verbunden fühlt.
  • Ein zurückgewiesener Liebhaber verfolgt die Frau seines Interesses und versucht, immer in ihrer Nähe zu sein, um eine Gelegenheit zu finden, mit ihr erneut Kontakt aufzunehmen.
  • Eine Frau zählt die Zahl ihrer Partner, mit denen sie in einem Monat sexuellen Kontakt hatte.

Diese verschiedenen Möglichkeiten, Liebe zu erleben, sprechen dagegen, Liebe zu vereinheitlichen. Die romantische Liebe, die in unzähligen Filmen und Romanen thematisiert wird, stellt nur eine Variante dar, wie geliebt werden kann. Daher stellt sich die Frage, wie sich die Bedeutung des Begriffs “Liebe” darstellt.

2. Liebe als Phänomen

Was bedeutet der Begriff “Liebe”, und welche Merkmale kennzeichnen ihn? Auf diese Fragen haben sowohl Laien in ihrem Denken über Liebe als auch Sozialwissenschaftler in ihrer Interpretation der Liebe Antworten gegeben. Interessanterweise stimmen die Antworten von Laien und Experten weitgehend überein: Es gibt nur geringe Unterschiede zwischen den Vorstellungen von Laien und den Theorien der Liebe, die von Sozialwissenschaftlern formuliert wurden. Der Begriff der Liebe lässt sich auf drei Ebenen der Betrachtung ansiedeln:

  • Leidenschaft umfasst Euphorie ( “Schmetterlinge im Bauch” ), erhöhten Herzschlag, sexuelle Begierde, physische Attraktion und starke positive Gefühle.
  • Intimität enthält Offenheit, sich frei fühlen, über alles sprechen können, Verstehen, Geduld, Verzeihen, Gegenseitigkeit und Verantwortung. Hinzu kommen Ehrlichkeit, Vertrauen, Respekt und Unterstützung.
  • Bindung ist dadurch gekennzeichnet, dass der andere den eigenen Interessen vorangestellt wird, dass er gebraucht wird und geschützt wird, dass die Beziehung als lang andauernd wahrgenommen wird und eine Loyalität besteht, die von Opferbereitschaft begleitet wird.

Diese Einteilung umfasst unterschiedliche Erlebnisse in Partnerschaften, von denen jedes Erlebnis für sich eine eigene Abhandlung rechtfertigt. Leidenschaft verknüpft das Thema der Liebe mit Sexualität. Intimität stellt eine Verbindung zu Vertrauen und Selbstöffnung dar. Bindung thematisiert, wie viel Zeit und Energie man in die Partnerschaft investiert.

Im Folgenden wird das Thema der Liebe ausführlicher aus sozialpsychologischer Sicht dargestellt. Wir werden sehen, dass die genannten Erlebnisbereiche dabei wieder in Erscheinung treten werden.

3. Farben der Liebe

Das Erlebnis der Liebe ist nicht normiert, sondern lässt mehrere Varianten des Fühlens und Handelns zu. “Es gibt viele Arten zu lieben”, um es mit den Worten des kanadischen Soziologen John Alan Lee auszudrücken, der entscheidend dazu beigetragen hat, unser Denken über Liebe zu erweitern. Auf der Grundlage philosophischer und literarischer Texte und von Befragungen hat er sechs Liebesstile abgeleitet, die in Analogie zu Farben, die miteinander gemischt werden können, aufgefasst werden. Die einzelnen Liebesstile werden in der Regel nicht isoliert auftreten sondern in Kombination. So kann es etwa sein, dass die Liebesgefühle einer Person den Akzent auf Freundschaft und Opferbereitschaft legen. Eine andere Person kann in der Partnerschaft romantisch und besitzergreifend sein. Oder eine dritte Person verliebt sich pragmatisch und spielerisch. Obwohl diese Kombinationen die Realität der Liebe darstellen, ist es sinnvoll und gewinnbringend, jeden der sechs Liebesstile einzeln zu betrachten:

Romantische Liebe ist durch Leidenschaft und die Betonung der sexuellen Zuneigung gekennzeichnet. Der Partner oder die Partnerin wird als physisch attraktiv wahrgenommen. Man kann romantische Liebe an der Zustimmung zu folgenden Feststellungen erkennen:

  • Ich habe nach meinem Partner starke Sehnsucht, wenn ich ihn für einige Zeit nicht sehe.
  • Mit meinem Partner mache ich die schönsten erotischen Erfahrungen meines bisherigen Lebens.

Spielerische Liebe ist dadurch gekennzeichnet, dass sexuelle Freiheit und Ungebundenheit ausgelebt werden. Die Eroberung eines neuen Partners löst das Gefühl aus, sexuell attraktiv zu sein. Es geht an erster Stelle um eine Liebesaffäre und weniger um eine langfristige Bindung. Auch die Ausprägung der spielerischen Liebe kann durch die Zustimmung zu bestimmten Feststellungen ermittelt werden:

  • Es ist schon einmal vorgekommen, dass ich zur gleichen Zeit zwei Liebesaffären hatte.
  • Seitensprünge verschweige ich lieber, um meinen Partner nicht zu verletzen.

Freundschaftliche Liebe ist das Ergebnis von Gemeinsamkeiten in Interessen und Gewohnheiten. Die gute Kooperation der Partner führt dazu, dass sie wenig Streit haben und dass Vertrauen und Sicherheit in der Beziehung betont werden. Man erkennt freundschaftliche Liebe an der Zustimmung zu den folgenden Feststellungen:

  • Ich kann nur jemanden lieben, für den ich auch freundschaftliche Gefühle hege.
  • Ohne echte Partnerschaftlichkeit ist für mich Liebe nicht vorstellbar.

Besitzergreifende Liebe ist vor allem durch Eifersucht gekennzeichnet. Emotionale Höhen und Tiefen wechseln einander ab, je nachdem, ob man sich des Partners momentan sicher ist oder sich verunsichert fühlt. Die Gedanken an eine mögliche Untreue des Partners werden als quälend und drängend erlebt. Die Zustimmung zu den folgenden Feststellungen beinhaltet einen Hinweis auf die Vorherrschaft dieses Liebesstils:

  • Wenn ich in meiner Liebesbeziehung Ärger habe, färbt das auf alle anderen Lebensbereiche ab.
  • Bei dem Gedanken an eine Trennung von meinem Partner kann ich mir mein Leben nicht mehr weiter vorstellen.

Pragmatische Liebe betont die vernünftige Auswahl des Partners oder der Partnerin. Die Partnerschaft wird deshalb gesucht, weil sie Vorteile bringt. Auch diesen Liebesstil kann man aus bestimmten Feststellungen ableiten:

  • Liebe kann sich dann am besten entwickeln, wenn die Zukunft gesichert ist.
  • Für mich ist es wichtig, dass mein Partner ein gewisses Sozialprestige hat.

Altruistische Liebe beruht auf Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit. Das Wohl des Partners wird vor das eigene Wohlergehen gestellt. Zwei Feststellungen können diesen Liebesstil anschaulich machen:

  • Für meinen Partner würde ich alles tun, wenn es für ihn wichtig wäre.
  • Echte Partnerschaft ist ohne gegenseitige Fürsorge nicht vorstellbar.

Um etwas über die Einschätzung der Liebesstile bei den Liebenden zu erfahren, besteht die Möglichkeit, Fragebögen einzusetzen. Inzwischen liegen Dutzende von Untersuchungen vor, in denen dieses Vorgehen gewählt wurde. Die Teilnehmer dieser Studien wurden über eine Vielzahl von anderen Beziehungsmerkmalen befragt. Im Folgenden werden sieben zentrale Forschungsergebnisse über Liebesstile dargestellt, die aus diesen Studien entnommen sind. Sie können dazu beitragen, ein umfassendes Verständnis von Liebesbeziehungen aus sozialpsychologischer Sicht zu vermitteln.

  1. Wo setzen die Menschen ihre Schwerpunkte, wenn es auf die Form der Liebe ankommt? Sind sie eher romantisch oder eher spielerisch, eher besitzergreifend oder eher altruistisch? Diese Fragen lassen sich aufgrund der Forschungsergebnisse eindeutig beantworten: Das Romantische überwiegt, während das Pragmatische und das Spielerische von nachgeordneter Bedeutung sind. Die Akzente auf Altruismus, Freundschaft und besitzergreifende Eifersucht liegen im mittleren Bereich, was ihre subjektive Bedeutung für die Liebenden angeht.

  2. Was spielt sich in Partnerschaften ab? Sind Liebesstile durch Gegenseitigkeit bestimmt? Für altruistische Liebe besteht eine starke Tendenz der Gegenseitigkeit, so dass die Opferbereitschaft des einen Partners durch die des anderen erwidert wird. Ausgeprägte Gegenseitigkeit ist aber auch für alle anderen Liebesstile bis auf einen charakteristisch: Die Ausnahme ist besitzergreifende Liebe, da sie nicht dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgt. Es passiert oft, dass ein Partner davon geprägt ist, während der andere keine entsprechenden Gefühle teilt. Oft ist es die Frau, die besonders besitzergreifend liebt. Wenn beide Partner besitzergreifend sind, entstehen häufig erhebliche Konflikte. Besitzergreifene Liebe hängt mit dem ängstlich-ambivalenten Bindungsstil zusammen.

  3. Lieben Männer und Frauen unterschiedlich? Über diese Frage ist viel spekuliert worden. Die Antwort ist einfach. Geschlechtsunterschiede in den Liebesstilen sind insgesamt gering. Im Wesentlichen sind die Liebesstile von Mann und Frau ähnlich. Eine Ausnahme ist – wie schon erwähnt – die besitzergreifende Liebe, in der die Frauen die Männer übertreffen. Weiterhin gilt, dass die Männer die Frauen in der altruistischen Liebe übertreffen.

  4. Welcher Liebesstil macht glücklich? Tatsächlich hängen die Liebesstile direkt mit der partnerschaftlichen Zufriedenheit zusammen. Das gilt an erster Stelle für die romantische Liebe, die der beste Weg zum Glück in der Beziehung ist. Spielerische Liebe hingegen verweist auf partnerschaftliche Unzufriedenheit. Aber die Gleichung Romantik = Glück ist zu einfach. Opferbereitschaft kann auch das Glück der Partner positiv beeinflussen. Freundschaft und Pragmatismus können konstruktiv genutzt werden, um die Beziehung zu stabilisieren und die Intimität zu erhöhen. Besitzergreifende Liebe schließlich kann vor allem während der ersten Phase der Beziehungsentwicklung, wenn sich die Partner gerade kennen gelernt haben, dazu beitragen, dass die Partner ein romantisches Paar bilden und es auch bleiben.

  5. Verändern sich die Farben der Liebe von Woche zu Woche oder von Monat zu Monat oder bleiben sie langfristig stabil? Die Antwort darauf fällt eindeutig aus, wenn die geliebte Person die gleiche bleibt: Liebesstile sind über die Zeit ziemlich beständig. Wer sich z.B. heute als spielerisch beschreibt, tut es in aller Regel auch in einem Monat. Der stabilste aller Liebesstile ist der altruistische. Außerdem gilt: Wie man seine Liebe einschätzt, hängt nicht von Stimmungsschwankungen oder von der Tagesform ab.

Wenn die geliebte Person wechselt, kann es schon eher zu einer Verschiebung unter den Akzenten kommen, die auf die einzelnen Liebesstile gesetzt werden. Wenn Fritz gegenüber Klara romantisch war, kann er gegenüber Paula eher freundschaftlich sein. Es kann also zu einem Wechsel von der eher sexuell bestimmten zu der eher kameradschaftlich bestimmten Liebe kommen, wenn eine neue Partnerin an die Stelle der alten tritt. Der Heidelberger Psychologe Manfred Amelang hat diese Zusammenhänge untersucht. Seine Ergebnisse weisen darauf hin, dass romantische, spielerische und freundschaftliche Liebe eher partnerabhängig sind, während pragmatische, besitzergreifende und altruistische Liebe eher partnerunabhängig sind (Fritz wird sowohl gegenüber Klara als auch gegenüber Paula gleichermaßen pragmatisch, besitzergreifend und altruistisch sein).

  1. Sind Liebesstile miteinander verbunden? Wenn bekannt ist, dass Fritz dem freundschaftlichen Liebesstil zuneigt, lässt sich daraus nicht ableiten, wie er den anderen Liebesstilen gegenüber eingestellt ist. Ob er zu sexuellen Abenteuern neigt oder nicht, wie das im spielerischen Liebesstil repräsentiert ist, kann man an seinem Altruismus einfach nicht erkennen. Es gibt allerdings drei Ausnahmen für diese Regel: Altruistisch und romantisch bzw. altruistisch und besitzergreifend tendieren in die gleiche Richtung, während romantisch und spielerisch in die entgegengesetzte Richtung weisen. Wenn Klara wenig altruistisch ist, wird sie auch eher dazu neigen, die Romantik herunterzuspielen und nicht besonders besitzergreifend sein. Wenn Paula romantisch liebt, spricht einiges dafür, dass sie nicht besonders auf sexuelle Abenteuer ausgerichtet ist. Diese Zusammenhänge sind nicht so groß, als dass man sich immer darauf verlassen könnte. Aber als eine Art Daumenregel können sie schon genommen werden.

  2. Werden Liebesstile vererbt? Eine Zwillingsstudie aus den USA zeigt, dass sich eineiige und zweieiige Zwillinge in der Ähnlichkeit ihrer Liebesstile nicht bedeutsam voneinander unterscheiden. Wenn es eine Vererbung von Liebe gäbe, wäre zu erwarten, dass sich eineiige Zwillinge ähnlicher sind. Das ist aber offensichtlich nicht der Fall. Das spricht gegen eine bedeutsame Erbkomponente in den Liebesstilen. Aus diesem Ergebnis ergibt sich im Umkehrschluss, dass Liebe im Wesentlichen durch soziales Lernen bestimmt wird. Wie eine Person liebt, ist offensichtlich das Ergebnis ihrer Erlebnisse in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter sowie aus dem, was sie aus diesen Erfahrungen macht. Vielleicht beobachtet Fritz die eigenen Eltern und orientiert sich an deren Beispiel, oder er kommt wie viele junge Leute zu dem Ergebnis, es ganz anders als die Eltern machen zu wollen, und entwickelt seine eigene soziale Konstruktion der Liebe. Liebe ist ein Reaktions- und Handlungsmuster der Person in ihrer sozialen Welt.

Liebesstile erscheinen den Liebenden selbst und auch Beobachtern, die die Partnerschaft von außen betrachten, als irrationale Gefühle. Das gilt sowohl für romantische Liebe als auch für besitzergreifende Liebe. Aber auch spielerische Liebe und altruistische Liebe können für Außenstehende nicht immer ganz nachvollziehbar sein. Anders verhält es sich bei der pragmatischen Liebe, die dem Modell des rationalen Menschen nahe kommt. Allerdings hat das dazu geführt, dass die Frage gestellt wurde, ob pragmatische Liebe überhaupt eine positive Liebesqualität beinhaltet oder vielmehr eine Form von Nicht-Liebe darstellt.

Wie hängen nun die Liebesstile mit den drei Ebenen der Betrachtung von Liebe zusammen, die von Laien und Experten unterschieden werden, also mit Leidenschaft, Intimität und Bindung?

Tatsächlich lassen sich Zuordnungen durchführen:

  • Leidenschaft wird durch romantische Liebe repräsentiert (sowie durch besitzergreifende Liebe),
  • Intimität durch freundschaftliche Liebe und
  • Bindung durch altruistische Liebe (sowie das Fehlen von spielerischer Liebe).

Es ist kein Zufall, dass pragmatische Liebe hier nicht vertreten ist. Sie stellt eine distanzierte Form der Liebe dar, die sowohl von Laien als auch von Experten häufig vernachlässigt wird.

Kann man sagen, dass die romantische Liebe besser ist als die freundschaftliche? Sicher nicht! Jeder Liebesstil kann individuell sinnvoll und zufriedenstellend erlebt werden, solange keine Extreme erreicht werden. Extreme sind z.B. für die besitzergreifende Liebe, die durch Eifersucht gekennzeichnet ist, ein schwerwiegendes Problem, obwohl sie in abgemilderter Form in vielen Beziehungen vorkommt, ohne dass dadurch die Beziehung gefährdet wird. Im Gegenteil, eine milde Form von besitzergreifender Liebe kann die Beziehung sogar festigen. Aber bei extremer besitzergreifender Liebe lassen Untersuchungsergebnisse vermuten, dass sie mit Gewalt in der Partnerschaft in Zusammenhang steht. Solche Konstellationen können entstehen, wenn sich extreme Formen von Eifersucht auf der Basis einer ängstlich-ambivalenten Grundhaltung entwickelt haben oder narzisstisch motiviert sind. Wegen der möglichen Verbindung mit der Ausübung von partnerschaftlicher Gewalt sollte es ein Warnsignal sein, wenn man auf einen Partner oder eine Partnerin trifft, der oder die sehr eifersüchtig und besitzergreifend ist.

Innerhalb der Spielbreite des Normalen lässt sich konstatieren, dass jeder der Liebesstile von beiden Partnern positiv erlebt und konstruktiv zur Entwicklung der Beziehung genutzt werden kann. Diese Feststellung ist allerdings einzuschränken im Hinblick auf spielerische Liebe, die dazu tendiert, das Glück in der Beziehung zu untergraben.

4. Anwendung

Menschen drücken ihre Liebe ihrem Partner gegenüber verschiedenartig aus. Romantische, spielerische und besitzergreifende Liebe sind leidenschaftlich. Freundschaftliche, altruistische und pragmatische Liebe sind kameradschaftlich. Sowohl Leidenschaft als auch Kameradschaft sind wichtig für die Verwirklichung einer zufriedenen, glücklichen und stabilen Partnerschaft.

Dabei ist der stärkste Glücksbringer die romantische Liebe. Hier entsteht ein Problem: Die romantische Liebe ist in langfristigen Beziehungen durch die ganz normalen Anforderungen des Alltags (z.B. Stress am Arbeitsplatz, Betreuung von Kindern, Hausarbeit etc.) in ihrer Beständigkeit bedroht. Hinzu kommt, dass viele Paare nicht genügend Zeit miteinander verbringen, in der sie die Intimität der Zweisamkeit pflegen. Um die romantische Liebe zu erhalten, ist es jedoch wichtig, gemeinsam Zeit als Paar miteinander zu verbringen. Auch Paare, die schon lange zusammenleben, können ihren Alltag mit gemeinsamen angenehmen Aktivitäten bereichern. Dazu bietet sich z.B. ein Kinobesuch an, eine Verabredung zum gemeinsamen Abendessen oder auch ein Kurzurlaub im Süden.

Wichtig ist, dass das Paar solche Aktivitäten häufig allein unternimmt, um sich dem Partner ganz zuwenden zu können. Auch Gesten der Intimität und Zärtlichkeit wie z.B. körperliche Berührungen bereichern die romantische Liebe und schaffen eine angenehme Atmosphäre für das Erleben der Sexualität, das für romantische Gefühle von großer Bedeutung ist.

Aber auch Freundschaft bzw. Kameradschaft spielen für das partnerschaftliche Glück eine wichtige Rolle. Für die Pflege der Freundschaft ist es wichtig, in guten und schlechten Zeiten füreinander da zu sein, sich gegenseitig zu respektieren (auch bei verschiedenen Meinungen und Vorlieben), dem Partner gut zuzuhören und sich in ihn einzufühlen sowie die eigenen Wünsche und Bedürfnisse offen zu kommunizieren.

Literatur

  • Amelang, M. (1995). Einstellungen zu Liebe und Partnerschaft. Konzepte, Skalen und Korrelate. In M. Amelang, H.J. Ahrens & H.W. Bierhoff (Hrsg.), Attraktion und Liebe (S. 153-196). Göttingen: Hogrefe.
  • Bierhoff, H.W. (1995). Liebe. In M. Amelang, H.J. Ahrens & H.W. Bierhoff (Hrsg.), Attraktion und Liebe (S. 197-234). Göttingen: Hogrefe.
  • Bierhoff, H.W., Grau, I. & Ludwig, A. (1993). Marburger Einstellungs-Inventar für Liebesstile (MEIL). Göttingen: Hogrefe.
  • Bierhoff, H.W. & Rohmann, E. (2005). Was die Liebe stark macht. Reinbek: Rowohlt.
  • Buss, D.M. (2003). Wo warst Du? Der Sinn der Eifersucht. Reinbek: Rowohlt.
  • Rohmann, E. & Bierhoff, H.W. (2006). Liebe und Eifersucht. In H.W. Bierhoff & D. Frey (Hrsg.), Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie (S. 240-250). Göttingen: Hogrefe.
  • Rohmann, E. (2008). Zufriedenheit mit der Partnerschaft und Lebenszufriedenheit. In E. Rohmann, M.J. Herner & D. Fetchenhauer (Hrsg.), Sozialpsychologische Beiträge zur Positiven Psychologie (S. 93-117). Lengerich: Pabst.
  • Rohmann, E., Neumann, E., Herner, M. J. & Bierhoff, H.W. (2012). Grandiose and vulnerable narcissism: self-construal, attachment and love in romantic relationships. European Psychologist, 17, 279-290.

217-231.

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Autor/in

Prof. Dr. Hans Werner Bierhoff
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Psychologie
Sozialpsychologie
Universitätsstr. 150
44780 Bochum

Tel.: 0234/32-23170

E-Mail

PD Dr. Elke Rohmann
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Psychologie
Sozialpsychologie
Universitätsstr. 150
44780 Bochum

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Erstellt am 11. Juli 2002, zuletzt geändert am 16. Dezember 2014

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