Freizeitangebote für Familien

Michael Griffig

Griffig Michael
 

Freizeit zu haben und seine Freizeit gestalten zu können sind Erscheinungen der Neuzeit. Früher war der Alltag der Familien vor allem durch harte Arbeit gekennzeichnet. Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten die freie Zeit mit der Familie zu gestalten. Der Artikel beschreibt einige davon und gibt nützliche Tipps für ein gesundes Freizeitverhalten.

1. Familienalltag heute

Zu allen Zeiten haben Menschen in einem überschaubaren Raum in gegenseitiger Verantwor­tung und Zuwendung miteinander gelebt: in der Familie. Das meint eine auf Dauer angelegte Lebens-, Verantwortungs- und Wirtschaftsgemeinschaft von Frau und Mann mit ihren Kindern. Dieser Begriff von Familie schließt alleinerziehende Mütter und Väter mit ein. In der Familie erfahren die Mitglieder Schutz und Geborgenheit. Das verwandtschaftliche Netz bietet gegenseitige Solidarität und ist erster Ansprechpartner bei Hilfeleistungen. Seelische und körperliche Gesundheit hängen wesentlich mit den Erfahrungen im Raum von Familie zusammen. Betreuung und Pflege von Kranken und Behinderten, von alten und hilfsbedürftigen Menschen findet zum aller größten Teil im familiären Umfeld statt, ohne dass davon viel gesprochen wird.

Kinder wachsen in Familien auf und machen dort grundlegende Erfahrungen der Annahme und Geborgenheit. Urvertrauen und Wertvorstellungen haben hier ebenso ihren Ursprung wie soziales Verhalten und die Lust am Lernen. Der Umgang mit Freude und Trauer, mit Lust und Schmerz, Streit und Versöhnung, Bindung und Selbständigkeit – das ganze Spektrum gelingenden Lebens breitet sich im Raum der Familie aus. Familie ist deshalb unersetzbar, weil Mitmenschlichkeit nur verwirklicht werden kann, wenn Menschen bereit sind, füreinander einzustehen, füreinander da zu sein und sich bedingungslos aufeinander einzulassen. Familie hat nicht zuletzt deshalb ihren Wert, weil hier Menschen nicht ausgewählt oder aussortiert werden. Wer dazugehört, ist Mitglied der Familie und wird als solches akzeptiert. Das bedeutet selbstverständlich auch, dass er sich für das Gelingen von Familie mitverantwortlich wissen muss.

Scheitern von Beziehungen, zunehmende Belastungen im Berufsleben, Arbeitslosigkeit – all dies wirkt in die Familien hinein und erschwert ihnen oft das Leben miteinander. Trotz dieser Erfahrungen von Krisen und Brüchen halten die Menschen am Leitbild von (gelingender) Ehe und Familie als Ziel ihres Lebens fest. Bei den vielen Krisensymptomen ist eine Zahl erstaunlich und erfreulich zugleich: Etwa 80 % der Kinder wachsen bis zu ihrem 18. Lebensjahr gemeinsam mit beiden Elternteilen auf. Ferner bestehen intensive Kontakte zur Großelterngeneration, die oft in unmittelbarer Nähe wohnt.

Familien bilden das Rückgrat der Gesellschaft. Mit der Zahl der Kinder und ihrem Hineinführen in das soziale Leben entscheidet sich wesentlich, wie unser Leben in Zukunft aussehen wird. Eine Gesell­schaft, die Familien vernachlässigt oder überfordert, die ihr nicht den nötigen Schutz und entsprechende Förderung gibt, trifft den eigenen Nerv des Überlebens. Es ist eine Tatsache, dass Zukunft nur dann möglich ist, wenn in Familien Kinder geboren und dort zu lebenstüchtigen und verantwortungsbereiten Menschen heranwachsen können. Wenn Familien ausfallen würden, könnten die von ihnen erbrachten Leistungen weder bezahlt werden noch könnte über den Markt oder ein vom Staat organisiertes System von Erziehungseinrichtungen und Hilfen Menschlichkeit und Liebe in gleicher Weise verwirklicht werden

2. Freizeitgestaltung in Familien

Erst in den letzten hundert Jahren wird von einem Phänomen gesprochen, das heute auf vielfältige Weise unser Leben bestimmt: der Freizeit. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde das Leben durch äußere Vorgaben und vor allem durch die Arbeit bestimmt. Erst durch die Verkürzung der Arbeitszeit, die Zunahme des Wohlstandes und entsprechende Angebote bekam das Thema Freizeit die Bedeutung, die es heute hat.

Für die meisten Menschen bietet Freizeit den Raum für Tätigkeiten, Erlebnisse und Erfahrungen, die sie in anderen Lebensbereichen nicht haben können. Freizeit zielt nicht auf Existenzsicherung, sondern auf die Verbesserung der Lebensqualität. Aus gesellschaftlicher Sicht ist Freizeit nicht nur wachsender Anteil des Bruttosozialproduktes, sondern eine Steigerung des Freiheitsgrades mit belebender Wirkung für Selbstbestimmung, soziale Beziehungen, Kultur und Wirtschaft. Freizeit kann nur im Zusammenhang von Arbeit, Eigen- und Familienarbeit, Essen, Erholung, Gesundheitspflege, sozialen Beziehungen und gesellschaftlichen Aufgaben richtig bewertet werden. Freizeit, Fitness und Gesundheit werden in der heutigen Alltagskultur vor allem mit Wohlbefinden (Wellness) als Wert der Lebensqualität verbunden.

Freizeitgestaltung gehört zu den wichtigsten Bereichen in der Familie, neben gemeinsamen Mahlzeiten und Gesprächen. Durch unterschiedliche Zeitstrukturen, die Schule, Erwerbsarbeit, Hobbys oder ehrenamtliche Aufgaben vorgeben, ist die gemeinsam verfügbare Zeit eingeschränkt. Unter der Woche ist oft ein genauer Zeitplan einzuhalten, damit alles funktioniert. Da bleiben noch nicht einmal die 4 bis 5 Stunden Freizeit, die ein Erwachsener im Durchschnitt hat. Dazu kommen die oft entgegengesetzten Interessen, wie die freie und gemeinsame Zeit gestaltet werden soll.

Jüngere Kinder wollen etwas erleben, gemeinsam mit den Eltern. Sie wollen spielen, schwimmen, Rad fahren, sich bewegen. Sie erwarten, dass die Eltern sich Zeit nehmen, mit ihnen zusammen zu sein. Kinder brauchen Freiräume zum Spiel mit anderen, die nicht verplant sind mit Kindergarten, Sportverein, Musikschule und Computer. Wo in der Wohnumgebung diese Spielräume fehlen, muss ein entsprechendes Angebot geschaffen werden. Schulkinder beginnen be­reits, von zu Hause weg­zugehen, zu Freunden, in die Jugendgruppe, in die Sportgruppe. Sie brauchen Gleichaltrige, obwohl auch sie noch gerne mit den El­tern etwas unternehmen, wenn es interessant genug ist.

Jugendliche wollen und müssen selbständig werden. Der einzige Bereich, der ihnen dies ermöglicht, bleibt oft die Zeit nach der Schule oder der Arbeit, also die Freizeit. Jugendliche haben eigene Vorstellungen von Freizeitgestaltung, die nicht selten sehr konträr zu denen der Eltern stehen. Das Freizeitverhalten der Jugendlichen wird weitge­hend vom Bedürfnis nach Kontakt und Kommunika­tion bestimmt. Diese Aus­richtung auf Kommunikation zeigt die Bedeutung der Freizeit als Erfahrungsbereich. Der experimentelle Charakter von Jugendfreizeit wird im ständigen Wechsel von Moden und Freizeittrends sowie im Wandel von Werten und Freizeitinhalten deutlich.

Die Eltern brauchen aber auch Freizeit für sich. Der berufstä­tige Elternteil sucht viel­leicht in dieser Zeit gerade das Zusammensein im Familienkreis, das er durch seine Berufstätigkeit nur selten miterleben kann. Der Elternteil, der täglich zu Hause ist und die Kinder einen großen Teil des Tages um sich hat, möchte sich viel­leicht in seiner Freizeit einmal gerade von dieser Familie erholen. Auf diesem Hintergrund kann es zu Konflikten über die adäquate Gestaltung der kostbaren gemeinsamen Zeit kommen. Das gilt auch für den Familienurlaub, an den oft überhöhte Erwartungen im Blick auf Gespräche, Harmonie und Gemeinschaft gestellt werden.

3. Freizeitmobilität und Tourismus

In der freien Zeit erfasst die meisten Menschen ein Bewegungsdrang. Mobilität ist ein Kennzeichen des Freizeitverhaltens geworden. In erster Linie geht es um Fahrten zu bestimmten Anlässen wie Ausflüge, Besuche, Tagestouren und Reisen. Aber auch das Fahren an sich wird als lustvolles Erlebnis beschrieben. Kinder und Jugendliche werden vielfach von den Eltern zu Freizeitaktivitäten chauffiert. (Der Aufkleber „Mamas Taxi“ weist darauf hin.) Die Entfernungen zwischen Wohnort, Arbeitsstätte und Freizeit-Orten haben dazu geführt, dass in vielen Familien zwei Autos vorhanden sind.

Freiluftaktivitäten erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. So gehen 25% der Deutschen mehrmals in der Woche spazieren, bei den über 60-jährigen sogar 40%. Wandern, Radtouren, Besuche in Freizeitparks oder sportliche Betätigung – das gemeinsame Tun in der Natur kann durch Medien nicht ersetzt werden. Gerade die Freizeitparks in Deutschland und im angrenzenden Ausland (Disneyworld Paris) erfreuen sich bei Familien mit Kindern großer Beliebtheit. Hier gibt es an einem Tag – oder auch an einem Wochenende mit Übernachtung – Abenteuer, Nervenkitzel, Sport, Spiel und Unterhaltung satt. Die Rolle der Animateure wird den Eltern hier von Profis abgenommen, und Erwachsene werden schnell selbst wieder zu Kindern.

Tourismus / Urlaub ist ein weiteres Stichwort bei Freizeit und Familie. Urlaub machen außerhalb der eigenen vier Wände ist Tradition vieler Familien in Deutschland. Für Kinder und Jugendliche sind „Ferien haben“ und „Urlaub machen“ häufig Synonyme. Der Urlaub hat einen hohen Stellenwert, man erwartet eine problemfreie, harmonische Zeit mit der Familie. Häufiger als bei Singles und Senioren reicht es bei Familien nur zu einem längeren Urlaub im Jahr, wobei in fast 40% der Familien mit Kindern gar keine Urlaubsreise durchgeführt wird. Der Familienurlaub führt eher ins Inland, man fährt überwiegend mit dem Auto und bevorzugt Ferienwohnungen oder Campingplätze. Bei Flugreisen werden Pauschalangebote bevorzugt, die in Ferienzentren oder Clubs mit ihren vielfältigen Angeboten führen.

In den Familien-Ferienstätten ist Urlaub für die ganze Familie möglich. Angebote wie Kindergärten und Spielaktionen lassen besonders Familien mit kleinen Kindern wieder Atem schöpfen und zur Ruhe kommen. Das Zusammensein mit anderen Familien schafft ein Erlebnis von Gemeinschaft. Die unterschiedlichsten Bedürfnisse von Kindern und Eltern können erfüllt werden. Der Alltag bleibt ein Stück weit draußen, neue Wege mit sich selbst und dem Partner/der Partnerin können gegangen werden. Neben der Gemeinschaft und Geselligkeit dienen die regional unterschiedlichen Freizeitangebote der Häuser dazu, dass im kreativen Tun bisher verborgene Potentiale entdeckt und gefördert werden. Sportliche Aktivitäten sind ebenso gefragt wie Wandern und Rad fahren. Im Winter laden die Mittelgebirge zum Rodeln und Skifahren ein. (In einzelnen Bundesländern gibt es Zuschüsse für Familienferien.)

Ein besonderes Angebot für Jugendliche bieten die Jugendgemeinschaftsreisen bzw. Workcamps. In einer Gruppe Gleichgesinnter erlebt man ein anderes Land, eine andere Kultur, indem man gemeinsam mit den Menschen vor Ort an einem sozialen oder ökologischen Projekt arbeitet, Alltag teilt und Spaß miteinander hat. Durch die Unterstützung eines gemeinnützigen Projektes zeigt man sich solidarisch mit den Menschen und Anliegen, für die dort gearbeitet wird und erfährt viel über Hintergründe, Land und Leute.

4. Sonstige Freizeit-Aktivitäten von Familien

4.1 Bewegung und Sport

Sport treiben und Bewegung gehören zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten in Familien. Dazu zählen der gemeinsame Ausflug mit den Fahrrädern ebenso wie das Engagement im Sportverein, die Besuche im Freibad/Spaßbad oder der Wandertag mit anderen Familien. Bei Kindern und Jugendlichen gehören Fahrrad fahren, Schwimmen und Fußball zu den beliebtesten sportlichen Betätigungen. Der Spaß an der Bewegung steht im Vordergrund bei der Motivation. (In vielen Städten und Gemeinden gibt es Ermäßigungen für Familien, z.B. einen Familienpass, der den Eintritt ins Schwimmbad oder ins Theater halbiert.)

Vielfach sind sportliche Aktivitäten der Kinder mit Fahrdiensten der Eltern verbunden. Wenn dann die Kinder auch noch wettkampfmäßig gefordert sind, verbringen Mama und Papa so manches Wochenende auf dem Fußballplatz oder am Beckenrand des Schwimmbades. Hier gilt es ein gesundes Maß zu finden, damit alle Beteiligten Freude am Sport behalten.

Kinder und Jugendliche leiden heute vielfach unter Bewegungsmangel. Bei der Untersuchung zur Einschulung werden erschreckend oft Haltungsschäden und motorische Defizite festgestellt. Das Sitzen vor Fernseher und Computer, aber auch das häufige Gefahren werden mit dem Auto werden als Gründe genannt. Hier ist es Sache der Eltern und Erzieher, mit gutem Beispiel voran zu gehen und auf genügend Bewegung und Sport bei Kindern zu achten. Die Erfahrung, nach mühsamem Weg ein Ziel erreicht oder einen Berg erklommen zu haben, sollten Kinder auf jeden Fall öfter machen.

4.2 Kreatives und Kultur

Gibt es so etwas wie eine „Familien-Freizeit-Kultur“ und wie äußert sie sich? Kinder wachsen in der Familie in einem bestimmten Umfeld auf, dass stark durch Aktivitäten in der Freizeit geprägt ist. Es beginnt bei der Ess-Kultur und geht weiter mit Hobbys, Geselligkeit, Musik, Umgang mit Medien, Ausflügen und Reisen. Kinder lernen zunächst am Vorbild der Eltern und entwickeln später in Ablösung vom Elternhaus ihren eigenen „Freizeit-Stil“.

Das Spielen erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. In der Familie gehört es nach dem Fernsehen zu der häufigsten gemeinsamen Tätigkeit von Eltern mit Kindern. Im Rahmen der Familienbildung, besonders bei Familientagen oder Wochenenden, sind neue Gemeinschaftsspiele oder auch das Inszenieren von Geschichten/Märchen sehr beliebt.

Rund um Brauchtum und Tradition hat sich im Freizeitsektor ein vielfältiges Angebot entwickelt. In den Familien werden Feiertage, runde Geburtstage, Ehejubiläen und Familienfeste groß gefeiert. Die Städte und Gemeinden veranstalten Stadtfeste, Kirmes, Schützenfeste und Jahrmärkte, die sich um eine Vielzahl von Traditionen ranken. Worin liegt die Sehnsucht der Menschen nach solchen Traditionen? Kreisläufe wie der Tagesablauf, die Wocheneinteilung oder die Jahreszeiten geben dem Menschen durch die Wiederholung gleicher Formen und Inhalte Sicherheit und Orientierungshilfe in einer sich ständig verändernden Umwelt. Kinder, aber auch Erwachsene, brauchen diesen Rhythmus für ihr Leben. Das Christentum hat mit seinem Wochenschema („Ohne Sonntag gibt’s nur noch Werktage“) und dem Kirchenjahr mit seinen Festen viel von dem begründet, was heute noch gerne begangen wird: Advent/ Weihnachten, Karneval, Fastenzeit/Ostern, Pfingsten, Erntedank, St. Martin, Nikolaus, Namenstag.

Zehn Gebote für die Freizeitgestaltung

  1. Bleib nicht dauernd dran; schalt doch mal ab.
  2. Jag nicht ständig schnelllebigen Trends hinterher.
  3. Kauf nur das, was Du wirklich willst, und mach Dein persönliches Wohlergehen zum wichtigsten Kaufkriterium.
  4. Versuche nicht, permanent Deinen Lebensstandard zu verbessern oder ihn gar mit Lebensqualität zu verwechseln.
  5. Lerne, zu lassen, also Überflüssiges wegzulassen. Lieber einmal etwas verpassen als immer dabei sein.
  6. Tu nichts auf Kosten anderer oder zu Lasten nachwachsender Generationen.
  7. Mach nicht alle Deine Träume wahr; heb Dir noch unerfüllte Wünsche auf.
  8. Verzichte auf Konsumangebote, wenn sie mehr Stress als Spaß bedeuten.
  9. Lerne wieder, eine Sache zu einer Zeit zu tun. Entdecke die Hängematte.
  10. Genieße nach Maß, damit Du länger genießen kannst.

Horst W. Opaschowski in: Spektrum Freizeit, 19 (1997), Heft 1, Seite 46

Autor

Michael Griffig
Kolpingwerk Deutschland, Referat Familie und Senioren
St.-Apern-Straße 32, 50667 Köln

Tel. 0221/20701-138

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Erstellt am 19. Juni 2001, zuletzt geändert am 2. Juli 2015

 

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