Nur ein Kinderspiel? – oder: Wie Spielen bildet

Hedi Friedrich
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Spielen ist für Kinder Lernen an sich – ein umfassender Bildungsprozess, freiwillig und aus eigenem inneren Antrieb heraus, dazu lebendig und kreativ. Beim Spielen erwerben und üben Kinder die meisten Fähigkeiten und Fertigkeiten, die allgemein zu den Intelligenzleistungen gezählt werden. Weiterhin können im Spiel Lebenserfahrungen verarbeitet werden, was das seelische Gleichgewicht stärkt. Das selbst dosierte Wohlbefinden wirkt sich auf körperliche Abläufe positiv aus, stärkt das Immunsystem, wirkt stressvorbeugend und fördert die Entwicklung von Gehirnstrukturen, die für lebenslanges Lernen überhaupt die Voraussetzung sind.

Spielen – die Haupttätigkeit von Kindern – ist nicht nur eine Grundbedingung für Lern- und Bildungsprozesse, sondern Lernen an sich und wird häufig unterschätzt: “sie spielen ja nur.” Dabei ist dieses Lernen so wirkungsvoll, weil es aus einem inneren Antrieb heraus geschieht. Aus Eigeninitiative heraus üben die Kinder Verhaltensweisen, die ihre geistige, soziale, emotionale, motorische, kreative und praktische Entwicklung fördern und das in einer Vielseitigkeit gleichzeitig, die kein noch so gutes Lernprogramm bieten kann.

Die Entwicklung des Spielens

Sobald Kinder eine Möglichkeit finden, beginnen sie zu spielen, spontan, zweckfrei, selbstbestimmt, abhängig von ihren Gefühlen, Interessen, Bedürfnissen und Fähigkeiten. Dabei sind die beiden Hauptbestrebungen des Spiels:

  1. Aktives Erforschen alles Neuen und
  2. unermüdliches Ausprobieren alles Erlernten bis zur völligen Beherrschung, begleitet von Gefühlen wie Freude, Spannung, Befriedigung, und Sicherheit.

Die noch unvertraute Umgebung des Kleinkindes veranlasst dieses, vorausgesetzt, seine wichtigsten Grundbedürfnisse sind befriedigt, seine Umwelt zu erforschen. Neue und überraschende Erfahrungen erzeugen dabei eine Spannung, die sich am angenehmsten und lustvollsten in der Mitte zwischen Langeweile und Überwältigung bewegt und deren Grad das Kind selbst steuern kann. In den selbst erfundenen Handlungen erleben die Kinder einen Spannungsbogen: angefangen bei der Vorstellung und Erwartung, etwas zu haben oder tun zu wollen, über die Aufregung bei der Planung bis zur Entscheidung und Ausführung einer Handlung und dem Erleben ihrer Folgen.

Hier im Spiel setzt sich das Kind aktiv mit seiner Welt auseinander. Die Eigeninitiative und Selbststeuerung ermöglichen das Erleben eigener Wirksamkeit. Diese Chancen bietet der Alltag vielen Kindern immer seltener. Eltern, ErzieherInnen und Spielgefährten greifen aus unterschiedlichen Gründen schon früh in die Entwicklung der Zweckfreiheit und Spontaneität ein, besonders mit Leistungserwartungen und Wettbewerbsgedanken. Jeder Eingriff berührt die innere Motivation und verwandelt sie häufig in äußere: Das Kind “spielt”, um z.B. den Erwachsenen zu gefallen, abhängig von ihrer Zuwendung und Anerkennung.

Wenn Kinder sich ohne Bewertungen von außen in ihrer Eigeninitiative erfolgreich erleben können, so ist dies ein Grundstein für die Entwicklung von Selbstvertrauen, einem positiven Selbstbild, dafür ob ein Kind sich später etwas zutraut, ob es wagt, Aufgaben kreativ und mit Zuversicht anzupacken oder aber eher frühzeitig resigniert aus Angst vor Kritik und Versagen.

Spielen ist untrennbar mit der Entwicklung der Fähigkeiten und Fertigkeiten, letztendlich der gesamten Persönlichkeit eines Kindes verbunden. Im Spiel können Kinder wichtige Lebenserfahrungen sammeln und gleichzeitig verarbeiten, wobei dies je nach Alter sehr verschieden aussehen kann. Die früheste Form ist das Funktionsspiel: die Freude am Berühren und Fühlen, am Entdecken. Schon der Säugling beginnt damit. Er spielt mit seinen Fingern und Füßen, greift nach allem, was er erreichen kann, betastet es, steckt es in den Mund und sammelt mit viel Vergnügen Erfahrungen über seine Welt.

Wenn die Kinder größer werden, laufen lernen und Gegenstände halten können, dann versuchen sie damit umzugehen, zu bauen, zu formen, sie auseinander zu nehmen. Sie lernen, was man alles damit machen kann – die ersten Entwicklungsschritte zur praktischen Intelligenz. Diese Spielform entwickelt sich z.B. über Malen, Kneten, Bauen weiter zum Gestaltungs- und Konstruktionsspiel. Hier spielen Angebote und Anregungen der Umwelt eine Rolle. Gestalterische Fähigkeiten können gefördert werden, aber auch verkümmern.

Mit ca. 2 Jahren entwickelt sich das sogenannte Symbolspiel. Hier beginnt das Kind Dinge nach seiner Vorstellung zu benutzen. Es ersetzt einen Gegenstand symbolisch durch einen anderen: nimmt Holzklötzchen als Autos, Stühle als Raumschiff und einen Karton als Boot. Je mehr ein Kind die Sprache beherrscht, desto mehr gewinnt sie im Spiel an Bedeutung. Es kann einen Gegenstand und ganze Handlungen mit Worten ersetzen und erweitert so seinen Handlungsspielraum. Das Kind beginnt Personen und Handlungen nachzuahmen, das Symbolspiel erweitert sich zum Rollenspiel und damit auch zunehmend zum Zusammenspiel mit anderen Kindern. Dabei lernt ein Kind, Situationen nicht mehr nur von seinem Standpunkt aus zu sehen, sondern sich in andere Personen hineinzudenken und einzufühlen. Somit bietet das Rollenspiel eine sehr gute Möglichkeit, soziale Grundfähigkeiten zu erlernen. In diesen Spielen kann das Kind seine Rolle und Handlung frei gestalten, was sehr wichtig und hilfreich für die Verarbeitung von Erfahrungen und Erlebnissen ist und als selbstheilendes Moment des Spiels angesehen wird. Während auch im gemeinsamen Rollenspiel Regeln vereinbart werden, an die die Mitspieler sich halten (z.B. eine Rolle nicht ohne Absprache einfach zu wechseln) interessieren sich Kinder zunehmend für Spiele, bei denen Regeln im Vordergrund stehen, z.B. Fußball, Kartenspiele, Brettspiele, Würfelspiele… wie sie auch Erwachsene spielen. Bei den Regelspielen taucht neu die Möglichkeit des Gewinnens und Verlierens auf, was sowohl Freude über Glück und Geschicklichkeit bedeuten kann, als auch Wut und Enttäuschung über eine Niederlage. Kinder haben hier die Chance, mit diesen Gefühlen umgehen zu lernen.

Spielen und Denken

Durch spielerisches Erforschen entwickeln und trainieren Kinder ihre Denkfähigkeiten. Sie erwerben Wissen und Fähigkeiten im Umgang mit Gegenständen, lernen sie zu unterscheiden und entdecken viele Gebrauchsmöglichkeiten. Beim Spielen mit Bauklötzen z.B. können mechanische und statische Gesetze entdeckt und Raumvorstellungen erworben werden. Deshalb brauchen Kinder auch Möglichkeiten zum Entdecken ihrer Umwelt. Sie brauchen Erwachsene, die ihre Neugier geduldig begleiten und für Sicherheit sorgen, wo Kinder Gefahren noch nicht einschätzen können. Wer mit Kindern lebt, weiß mit welcher Begeisterung sie Schubladen ausräumen, wenn man sie lässt und Schätze am Straßenrand finden.

Erst um das 4. Lebensjahr herum ist ein Kind überhaupt in der Lage, gleichzeitig mehr als einen Aspekt eines Dinges oder einer Situation wahrzunehmen. Wo es vorher nur Trinkgefäße sieht, lernt es allmählich zu unterscheiden zwischen Tassen, Gläsern, Vasen u.ä. Langsam lernt es, verschiedene Aspekte auf einmal mit ein zu beziehen. Beim Spielen werden “Wenn-dann-Beziehungen” geübt, Schlüsse gezogen, Probleme aller Art gelöst, Erklärungen gesucht. Eine wichtige Rolle spielen dabei soziale und sprachliche Fähigkeiten und die Phantasie. Nur ein Teil der kindlichen Erfahrungen, Bedürfnisse, Gefühle und Interessen können sprachlich mitgeteilt werden, vieles wird in Spielhandlungen ausgedrückt. Wer von den Erwachsenen diese “Mitteilungen” verstehen kann, dem eröffnet sich ein Einblick in die Erlebniswelt von Kindern.

Spielen und Sprache

Die frühe be-greifende Erfahrung der unterschiedlichen Beschaffenheit der Dinge und ihrer Verwendungsmöglichkeiten, begleitet vom Hören ihrer Bezeichnungen legt den Grundstein zur Begriffsentwicklung: rund, weiß und kalt ist ein Schneeball, größer und mit Muster darauf ist ein Fußball, den man rollen und kicken kann, was schwer und unbeweglich im Garten liegt ist eine Steinkugel…und nicht alle vierbeinigen Tiere heißen Hund. Kinder sprechen beim Spielen oft mit sich selbst und steuern so ihr Verhalten, geben sich selbst Anweisungen, lösen Probleme, anfangs laut, dann zunehmend leiser. Nach Ansicht einiger Entwicklungspsychologen entsteht so das logische Denken.

Besonders auch das Rollenspiel fordert zum miteinander sprechen auf. Hier reden die Kinder sowohl im Spiel (“Das Essen ist fertig!”) als auch über das Spiel (“Du bist die Mutter und du kommst zu Besuch!”). Personen werden im Handeln und Sprechen nachgeahmt. Spiel und Sprache dienen dabei dem Austausch von Erlebnissen und der Verarbeitung von Erfahrungen. Wortschatz und kommunikative Fähigkeiten werden im Spiel durch die vielfältigen Möglichkeiten ständig erweitert und verbessert. Manchmal spielen die Kinder auch mit der Sprache selbst in Lallmonologen, Reimen, Witzen, Wort- und Singspielen.

Spielen als soziales Handeln

Im Spiel können die Kinder leicht Kontakt miteinander aufnehmen. Sie lernen mit der Zeit, kompliziertere gemeinsame Spiele über längere Dauer hinweg miteinander zu spielen. Diese Entwicklung verläuft zunächst über das Einzelspiel zum Parallelspiel (z.B. nebeneinander im Sandkasten) und zum gemeinsamen Spiel. Im Laufe der Entwicklung des Zusammenspielens werden eine Vielfalt sozialer Fähigkeiten und Fertigkeiten erworben: z.B. Interesse an anderen, Einfühlungsvermögen, Verständnis, Hilfsbereitschaft, sich behaupten können, Konflikte aus- und Enttäuschungen ertragen und vieles mehr. Eine wichtige Rolle spielen dabei Eltern und ErzieherInnen. Sie können dem Kind ein Gefühl von Sicherheit und Unterstützung geben, um sich im Kontakt mit anderen Kindern zurechtzufinden. Eine sichere Vertrauensbeziehung zu ihren Bezugspersonen ist für Kinder eine Vorraussetzung für gelingende Gleichaltrigenbeziehungen. Häufiges miteinander spielen fördert die Vertrautheit und wenn Kinder sich hier gut verstehen und gegenseitig anregen, dann können schon im Vorschulalter intensive und langandauernde Freundschaftsbeziehungen entstehen.

Spielen, Bewegung und die Entwicklung der Sinne

Kinder brauchen und mögen Spiele, die ihnen Bewegung erlauben und viel Energie erfordern. Das ermöglicht ihnen, ein Bild und Gefühl von ihrem Körper zu erwerben und Körperkontrolle zu entwickeln. Die meisten Spiele von Kindern enthalten vielfältige Bewegungsaktivitäten, die dem Kind über sinnliche Wahrnehmung (sehen, tasten, hören, riechen, schmecken) Erfahrungen aus seiner Umwelt vermitteln, denn Kinder lernen mit dem Bauch, mit der Haut, mit Händen, Füßen, Mund und natürlich mit dem Kopf. Das Gehirn muss die Sinneseindrücke organisieren, ordnen, vergleichen, sie auswerten, damit Reaktionsmöglichkeiten entwickelt werden können. Das gelungene Zusammenspiel der Sinne und ihre Nutzbarmachung wird als sensorische Integration bezeichnet und durchläuft verschiedene Stufen der Entwicklung. Dabei werden Bahnungen im Gehirn gebildet, durch die wiederum die weiteren unterschiedlichsten Lernprozesse ermöglicht werden.

Wenn dies problemlos geschieht, ist die Reaktion des Kindes sinnvoll, kreativ und befriedigend. Treten Probleme auf, fällt das Lernen schwer und es können u. U. Unsicherheit, Ängstlichkeit, Konzentrationsprobleme, Sprachentwicklungsstörungen auftreten.

Von Anfang an benutzt schon das Kleinkind jede Aktivität und besonders die spielerischen als Fundament für seine Weiterentwicklung. Gleichgewichtssinn, Eigenwahrnehmung von Muskeln und Bewegungen, Berührung, Tastsinn und Geruchssinn sind die am frühesten entwickelten Sinne. Sehen und Hören werden erst allmählich in dieses Zusammenspiel integriert, wenn das Kind alleine stehen und gehen kann und damit Arme und Hände frei hat zum Tasten und Greifen und durch die erhobene Kopfhaltung einen neuen Überblick gewinnt. Nun kann es noch besser räumliche Beziehungen (oben, unten, rechts, links) und zeitliche Dimensionen (langsam, schnell) entdecken. Im Verlaufe der körperlichen Entwicklung des Kindes entstehen so verschiedene Fertigkeiten des Kindes, die mit viel Vergnügen geübt werden, wobei die Bewegungen zunehmend koordinierter werden. Kinder hüpfen, klettern, springen, rutschen, werfen, spielen, laufen, fangen, verstecken, spielen Ball, Indianerspiele usw. Viele dieser Spiele erfordern Geschicklichkeit und Übung und tragen zur Entwicklung von Selbstständigkeit und Selbstvertrauen bei. Eine Studie ergab, dass die Unfallgefährdung der Kinder stark angestiegen ist im Zusammenhang mit mangelnder Bewegungserfahrung. Mit dem Körper kann ein Kind seine Gefühle ausdrücken (vom Wutanfall bis zum freudigen Luftsprung oder Naserümpfen).

Kinder brauchen Bewegungsmöglichkeiten zum Balancieren, Schaukeln, Rennen, Toben und eine Umgebung, die reich ist an Sinneseindrücken wie:

  • Tasten und Berühren von ganz unterschiedlichen Dingen (hart, weich, rau, glibberig, kratzig, zart, pelzig usw.),
  • Körperkontakt mit Massagen an Händen, Kopf, Rücken oder Füßen, gehalten und gewiegt werden,
  • Gehen und geführt werden ohne zu sehen,
  • Beobachten in der Natur, auf der Straße, auf Dachböden und Flohmärkten, um Schätze zu entdecken und vielleicht zu sammeln (Deckel, Münzen, Scherben, tote Käfer, Bilder),
  • Hören von Geschichten zum Freuen oder Gruseln, von unterschiedlichen Geräuschen wie Topfdeckeln, Gongs, Rasseln, Klopfen auf Holz, Metall,
  • Riechen und Schmecken von köstlichen und ekligen Sachen,

um nur eine kleine Auswahl aufzuzählen.

Vor allem brauchen die Kinder hier auch Erwachsene, die sich Zeit nehmen, ihre Interessen teilen und vielleicht manchmal auch Informationen dazu geben oder Geschichten dazu erzählen. Sie brauchen Erwachsene, die ihre Sinnesempfindungen, die eigenen und die der Kinder ernst nehmen und sie ihnen nicht ausreden oder durch Urteile vermiesen, sondern Intensität und Spaß teilen. Ohne diese Erfahrungen fehlt Kindern eine wesentlicher Nährboden für Lernen überhaupt.

Spielen und seelisches Gleichgewicht

Kinder handeln noch sehr viel stärker als Erwachsene aus ihren Gefühlen und Bedürfnissen heraus. Im Spiel können sie diese darstellen und ausleben. Kinder brauchen diese Möglichkeiten, um ihre Alltagserfahrungen und Erlebnisse gefühlsmäßig verarbeiten zu können und um eine emotionale Ausgeglichenheit zu erreichen, was eine wichtige Vorraussetzung für Lernen überhaupt ist. Fehlen diese Möglichkeiten, so können unverarbeitete Eindrücke auf die Dauer sich sehr hindernd auf viele Lern- und Entwicklungsprozesse auswirken, da ein hilfreicher Stressabbau fehlt.

Im phantasievollen Spielen können Ereignisse und Erlebnisse selbst in Szene gesetzt und Situationen gemeistert werden, die vorher fremd und beängstigend erschienen sind: z.B. ein Besuch beim Arzt mit Untersuchungen oder eine Filmszene werden immer wieder nachgespielt und phantasievoll variiert, wie es dem Erleben des Kindes entspricht, nicht unbedingt den Tatsachen. Hier im Spiel kann es mit Hilfe seiner Phantasie aktiv handeln, seinen Gefühlen und seinem Erleben Ausdruck verleihen und so die manchmal sehr bedrohliche Wirklichkeit verarbeiten. Die Phantasie dient sowohl als Rückzug von der Außenwelt als auch ein möglicher Zugang zu ihr. Eine Untersuchung zeigte, dass Kinder mit Neigung zu intensivem phantasievollem Erleben im Spiel größere Möglichkeiten haben, beeinträchtigende Erfahrungen zu überwinden; dabei ist es auch möglich, dass mehrere Kinder zusammen spielen und sich in ihren Bedürfnissen ergänzen.

Diese Selbstheilungskräfte und Chancen zum sozial-emotionalen Lernen kann das Spiel nur erfüllen, wenn das Kind sein Spielthema selbst wählen und den Spielverlauf selbst bestimmen kann. Phantasievolles Spielen braucht eine Atmosphäre der Wärme, Geborgenheit und Annahme. Nur wenn die Ideen, Gedanken, Wünsche und Ansichten der Kinder akzeptiert werden, können sie die Gelegenheit zu schöpferischem Denken und Handeln wahrnehmen. Kritische oder abwertende Bemerkungen wirken sich beeinträchtigend aus. Werden abweichende, originelle Ideen nur nach dem Kriterium der Logik, Sachlichkeit und Nützlichkeit bewertet, dann sind diese Fähigkeiten zum Verkümmern verurteilt und bereits sehr früh wird ein Reichtum an Ausdrucksfähigkeit, Aktivität und Initiative unterdrückt. Kinder übernehmen die Urteile ihrer Umgebung sehr schnell: sie lachen, wenn jemand etwas “unmögliches” äußert oder tut ( “der spinnt!” ). Wenn dazu im Leben von Kindern Filme und Videospiele mehr Raum einnehmen als spielerische Aktivitäten, dann werden Anpassung, Langeweile und ein Mangel an Erlebnisfähigkeit die Folge sein. Phantasie als Motor für produktives Denken und für verändernde Ideen geht verloren zugunsten einer eingeschränkten Erfahrungs- und Erlebniswelt. Bei seelischen Problemen oder bei Reizüberflutung z.B. durch Computerspiele reicht die alltägliche Spielsituation manchmal auch nicht mehr zur Verarbeitung der Eindrücke und Erlebnisse aus, dann benötigen die Kinder besondere Hilfen, um ihre Gefühle in sich selbst zu integrieren.

Ansonsten entfalten Kinder in den alltäglichen Symbol- und Rollenspielen von sich aus eine rege Phantasietätigkeit zur Ausgestaltung der Rollen und im “So-tun-als-ob” . Hier brauchen sie vor allem anregende Räume und Material, das viele Verwendungsmöglichkeiten zulässt und dazu Erwachsene, die sie ab und zu durch Geschichten erfinden und erzählen anregen und sie mit ihrer eigenen Spielfreude begleiten.

Literatur

  • Ayres, J. (1979). Bausteine der kindlichen Entwicklung. Berlin, Springer Verlag
  • Friedrich, Hedi (1996). Auf Kinder hören, mit Kindern reden. Freiburg, Herder-Verlag
  • Friedrich, Hedi (1999). Beziehungen zu Kindern gestalten. Berlin, Luchterhand-Verlag
  • Friedrich, Hedi: Beiträge aus der Zeitschrift “klein & groß” , 4, 5, 7/8 1992; 4/1993, 3/1999. Berlin, Luchterhand-Verlag

Autorin

Hedi Friedrich, Psychologische Psychotherapeutin und Kinder- u. Jugendlichen-Psychotherapeutin; geboren 1950, studierte Psychologie und Pädagogik und arbeitete nach dem Diplom in einem entwicklungspsychologischen Forschungsprojekt an der Universität Heidelberg. Seit 1978 in freier Praxis in Frankfurt tätig mit den Schwerpunkten: Psychotherapeutische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen; Familien- und Erziehungsberatung; Team- und Einzelsupervision für soziale und pädagogische Einrichtungen; Fortbildungstätigkeit im Auftrag verschiedener Einrichtungen der Erwachsenenbildung.

Kontakt

Hedi Friedrich
Niedergärtenstr. 1
60435 Frankfurt

Tel.: 069/ 5482603

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Erstellt am 15. Mai 2002, zuletzt geändert am 7. November 2013

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