„Na, das hast du ja toll gemacht“ – Umgang mit Ironie in der Erziehung

Christina Zehetner
Foto Zehetner Ifp

Ironische Aussagen begegnen uns im Alltag und im Beruf. Einfach überall dort wo Menschen miteinander kommunizieren. Meist sind wir als Erwachsene in der Lage diese Bemerkungen richtig einzuschätzen. Aber ist das bei Kindern und Jugendlichen genauso? Nachfolgend wird der Begriff der Ironie definiert und Beispiele mit ihrer Wirkung auf Kinder und Jugendliche aufgezeigt. Zudem gibt es Tipps für Eltern und Fachkräfte im Umgang mit Ironie im Erziehungsalltag.

Unter Erwachsenen ist es keine Besonderheit, dass ironische Bemerkungen ausgetauscht werden. „Danke, dass du mir heute noch mehr Arbeit bringst.“ „Natürlich finde ich es super, dass mein Urlaub gestrichen wurde.“ „Das hat der Friseur ja klasse hinbekommen. Du schaust ja toll aus.“ Oft wird an solche Aussagen noch der Nachsatz: „Das war ironisch gemeint“, angehängt. Uns sind diese Bemerkungen geläufig und wir können sie im Normalfall auch richtig einschätzen. Doch wie ist das bei Kindern und Jugendlichen?

1. „Ich habe heute einen Clown verschluckt“ - Humor bei Kindern und Jugendlichen

Kinder sind von klein auf sehr fröhlich und humorvoll. Sie überlegen sich viele lustige Dinge und Aktionen und haben einen Haufen Schabernack im Kopf. Manchmal machen sich Kinder sogar über sich selbst lustig und amüsieren sich dann köstlich. Wenn alt und jung gemeinsam lachen und Spaß haben, kann das sehr befreiend sein und stärkt die Beziehung zueinander. Ein humorvolles Miteinander erschafft ein Gemeinschaftsgefühl und Lachen ist nach wie vor die beste Medizin. Wenn man es schafft auch über die eigenen Fehler zu lachen, entspannt das den Erziehungs- und Familienalltag1.

Trotz dieser humorvollen Grundlage ist die Ironie Erwachsener für Kinder nur schwer zugänglich und meist gar nicht zu verstehen. Kinder können ironisch gemeinte Aussagen ihrer Eltern oder anderer Bezugspersonen nicht richtig einschätzen. Das verunsichert sie teilweise sehr.

Doch was bedeutet Ironie überhaupt?

2. „Das war ja nur ironisch gemeint“ – Eine Begriffserklärung

Der Duden definiert den Begriff der Ironie als „feinen, versteckten Spott, mit dem jemand dadurch etwas zu treffen sucht, dass er es unter dem auffälligen Schein der eigentlichen Billigung lächerlich macht."2

In eigenen Worten ausgedrückt bedeutet es, dass man etwas eigentlich nicht gut heißt, dies aber hinter der  positiven Aussage „Das hast du echt toll gemacht“ versteckt. Dabei hofft man insgeheim, dass das Gegenüber um die Ecke denken kann und versteht, dass man genau das Gegenteil meint.

Das hört sich kompliziert an und genau das ist es auch. Ironie ist eine sehr komplizierte und komplexe Art von Humor. Abzugrenzen ist die Ironie von der Lüge. Eine ironische Aussage wird bewusst gesetzt und das Gegenüber soll, im Gegensatz zur Lüge auf jeden Fall bemerken dass man es eigentlich anders meint. Auch nicht zu verwechseln ist die Ironie mit Sarkasmus oder Zynismus. Ironische Aussagen klingen deutlich eleganter, können den Betroffenen aber genauso verletzen und verunsichern3.

3. „Bravo Max, du wirst bestimmt ein Mathe-Genie“ - Beispiele für Ironie und ihre mögliche Wirkung auf Kinder und Jugendliche 

„Das hast du ja toll gemacht.“

Die dreijährige Sabrina hat beim Essen im Restaurant gekleckert. Sabrinas Bluse und ein Teil der Tischdecke ist schmutzig. Ihre Eltern bemerken das und Sabrinas Vater sagt: „Klasse. Sabrina. Das hast du ja toll gemacht. Ich hätte das nicht besser hinbekommen.“

Sabrina ist verunsichert: Haben mich meine Eltern jetzt gelobt? Aber ich habe doch gekleckert. Das ist doch eigentlich gar nicht toll und falls es doch toll ist, warum schauen meine Eltern dann so grimmig? Ich verstehe das jetzt überhaupt nicht und fange daher besser mal zu weinen an. Sabrina verunsichert das Verhalten ihrer Eltern. Sie weiß, dass das Kleckern an sich nichts Tolles ist und reagiert irritiert, dass ihr Vater sie dafür lobt. Gleichzeitig merkt sie an der Tonlage des Vaters aber auch, dass irgendetwas nicht stimmt. Sie kann die ganze Situation überhaupt nicht einschätzen. Eine klare Aussage der Eltern zum Thema Kleckern und das Reichen einer Serviette wären in diesem Fall hilfreicher gewesen.

„Aus dir wird bestimmt ein Mathe-Genie.“

Der neunjährige  Max kommt mit einer schlechten Matheschulaufgabe nach Hause. Er zeigt die Arbeit seinen Eltern. Seine Mutter ruft aus: “Na bravo Max. Sehr gut gemacht. Wir können dich gleich mal an der Uni anmelden. Aus dir wird bestimmt ein Mathe-Genie.“

Max ist in einem Alter in dem er die Aussagen seiner Mutter schon besser einordnen kann als die kleine Sabrina. Er weiß, dass eine sechs in Mathe keine gute Note ist. Trotzdem ist er irritiert über das, was seine Mutter zu ihm sagt. Warum tröstet mich Mama denn nicht? Ich habe doch gelernt und wollte eine gute Note schreiben und ein Mathe-Genie werde ich ganz bestimmt nicht. Ich kann ja nichts und bin eigentlich auch zu gar nichts zu gebrauchen. Max versteht von seinem Entwicklungsstand her schon, dass sich seine Mutter eigentlich über ihn lustig macht. Das verletzt ihn sehr und ist in Bezug auf die nächste Matheschulaufgabe sicherlich keine Hilfestellung. Gebraucht hätte er in dieser Situation eigentlich Verständnis und Unterstützung und die Aussicht, dass die nächste Note bestimmt wieder besser wird.

„Gut schaust du aus. Wie der Pumuckl!“

Die vierzehnjährige Bettina kommt am Freitagnachmittag ins Jugendzentrum. Ihr Betreuer sieht sie und lacht: „Du schaust ja super aus. Mit den roten Haaren können wir dich gleich für die nächste Folge von Pumuckl anmelden.“ Bettina fängt zu weinen an und stürmt aus dem Zimmer.

Jugendliche verstehen genau, was mit ironischen Aussagen eigentlich gemeint ist. Bei Bettina kommt ganz klar an, dass ihre Frisur schrecklich aussieht und sie sich lächerlich macht. Da hilft es auch nichts, wenn sich ihr Betreuer später mehrmals entschuldigt und ihr erklärt, dass er nur einen Spaß gemacht hätte. Gerade Jugendliche sind in ihrer Selbstfindungs- und Orientierungsphase oft sehr empfindlich und unsicher, was ihr äußeres Erscheinungsbild betrifft. Selbst den coolsten Kerlen ist es im tiefsten Inneren wichtig angenommen und akzeptiert zu werden. Obwohl Jugendliche vom Intellekt her ironische Aussagen richtig einordnen können, reagieren sie in der Phase der Identitätsfindung doch manchmal sehr sensibel.

4. „Werde ich jetzt gelobt oder ermahnt?“ – Ab wann verstehen Kinder Ironie?

Ironische Bemerkungen enthalten als versteckte Botschaft oft eine indirekte Ermahnung sowie eine Wertung. Kinder nehmen aber meist alles wörtlich. Das entschlüsseln dieser Doppeldeutigkeiten ist ihnen noch völlig fremd4.

Um Ironie verstehen zu können, müssen Kinder in der Lage sein, den Bedeutungswiderspruch des Gesagten auflösen zu können. Zu lernen, die eigentliche Absicht hinter dem Gesagten zu entschlüsseln, fällt aber manchmal sogar Erwachsenen schwer3.

Wissenschaftlich gesehen hängt das Verständnis von Ironie ganz stark von den sozial-kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten der Kinder ab. Daher ist es auch nicht eindeutig zu sagen, wann Kinder ironische Bemerkungen durchschauen können5. Manche Kinder verstehen den Sinn und Hintergrund von Ironie erst, wenn sie auf eine weiterführende Schule kommen, erklärt Dorothee Roeb, Kinder- und Jugendtherapeutin beim Kinderschutzbund in Aachen6.  

Zudem finden Kinder halt auch nicht immer alles witzig, was Erwachsene komisch finden. Das sollten Eltern und Betreuungspersonen auch in Bezug auf spaßig gemeinte, ironische Bemerkungen Kindern gegenüber bedenken.

5. Tipps für Eltern und Fachkräfte im Umgang mit Ironie

Bei Kindern bis zum Grundschulalter ist es sicher besser, ironische Bemerkungen zu vermeiden. Kinder in diesem Alter, sind von ihrer Entwicklung her einfach noch nicht in der Lage, diese komplizierten Kommunikationsstrategien zu durchschauen. Was aber nicht heißt, dass man mit Kindern keinen Spaß machen darf. Im Gegenteil. Kinder lieben es, wenn ihre Eltern oder Betreuungspersonen sich lustige Sachen ausdenken. In diesem Fall kann man wirklich sagen: „Kinder sind für jeden Spaß zu haben“.

Sie müssen sich im Erziehungsalltag auch nicht künstlich verstellen. Der ein oder andere Kommentar rutscht einem einfach auch einmal unbewusst heraus. Der Klassiker ist hier wirklich der Satz: „Das hast du aber toll gemacht“, den man so oder so auslegen kann. Wenn sie die Bemerkung ihren Kindern gegenüber machen und sie ironisch meinen, dann erklären Sie ihren Kindern die Situation und was das Gesagte wirklich bedeutet. Erklären und miteinander sprechen ist immer noch der beste Weg für gegenseitiges Verständnis. So vermeiden Sie, dass sich Ihr Kind unsicher fühlt und ihre Bemerkung nicht richtig einschätzen kann.

Ältere Kinder und Jugendliche können in entspannten Situationen und bei gutem Kontakt sicher auch über die ein oder andere ironische Aussage lachen. Wie gesagt, man muss auch im Erziehungsalltag nicht alles auf die Goldwaage legen. Trotzdem sollten Sie als Eltern und pädagogische Fachkraft sensibel mit ironischen Bemerkungen umgehen. Jugendliche, die mitten in der Pubertät stecken, sind sowieso schon verunsichert genug was die eigene Persönlichkeit anbelangt. So besteht die Gefahr, dass sie die ironische Aussage einfach zu ernst nehmen und sich in etwas hineinsteigern, das gar nicht so gemeint war. Aber auch in so einem Fall hilft sicher die Klärung im Nachgang.

Bleiben Sie auf jeden Fall auch im Umgang mit der Ironie entspannt. Oder wie Sören Kierkegaard ironisch bemerkt: „Alles, was dir begegnen wird, ist leider nicht zu vermeiden7“.

Weiterführende Literatur

Charmaine Liebertz (2016): Das Schatzbuch des Lachens: Grundlagen, Methoden und Spiele für eine Erziehung mit Herz und Humor. Taschenbuch - 1. Oktober 2016. Don Bosco-Verlag.

Literatur

(1) Rogge, Jan-Uwe Dr. (2018): Humor in der Erziehung. https://www.jan-uwe-rogge.de/humor-in-der-erziehung/ (abgerufen am 09.01.2019)

(2) Duden (2018): Online Wörterbuch. https://www.duden.de/rechtschreibung/Ironie (abgerufen am 09.01.2019)

(3) Haug-Schnabel, Gabriele Dr. : Umgang mit Ironie. DGUV Kinder 4, 8-10. http://www.verhaltensbiologie.com/publizieren/fachartikel/PDF/EB13.pdf (abgerufen am 12.12.2018)

(4) Leifgen, Ingrid (2011): Das ist nicht zum Lachen! Spatz 3/2011.   http://www.verhaltensbiologie.com/publizieren/fachartikel/PDF/EB13.pdf(abgerufen am 18.12.2018)

(5) Famula, Noemi (2015): Ironie in der Kindheit. Zusammenhänge sozial-kognitiver und sprachlicher Fähigkeiten mit der Entwicklung einer Kompetenz für Ironie vor dem Schuleintritt. Bachelor-Thesis. http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2016/3238/pdf/Famula_Noemi_BA_2016_02_02.pdf (abgerufen am 07.01.2019)

(6) Roeb, Dorothea (2011) in: Leifgen, Ingrid: Das ist nicht zum Lachen! Spatz 3/2011. http://www.ingridleifgen.de/pdf/spatz_lachen.pdf (abgerufen am 18.12.2018)

(7) Kierkegard, Sören: https://sarkasmus-ironie-zynismus.de/ironische-sprueche/ (abgerufen am 07.01.2019)

Weitere Beiträge der Autorin hier im Familienhandbuch

Autorin

Christina Zehetner (geb. Kursawe) ist Erzieherin und Sozialpädagogin. Sie hat langjährige praktische Erfahrungen in der ambulanten und stationären Kinder- und Jugendhilfe und arbeitete mehrere Jahre im Jugendamt. Die Autorin ist aktuell als Freie Mitarbeiterin am Institut für Frühpädagogik in München tätig. Zudem hält sie als Beraterin humorvolle Seminare und Vorträge für Familien und Fachkräfte.

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Eingestellt am 16. Januar 2019

 

 

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