Freunde finden mit Yubo? Das steckt hinter der Trend-App

Aktuell erfreut sich Yubo in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Mit der kostenfreien App aus Frankreich können schnell und unkompliziert neue Online-Freundschaften geschlossen werden. Die MacherInnen richten sich dabei vor allem an Jugendliche. Minderjährige NutzerInnen sind hier jedoch kaum von Erwachsenen zu unterscheiden. SCHAU HIN! hat sich die App näher angeschaut.

Die „Social-Livestreaming-App“ Yubo, 2015 als Yellow gestartet, erlebt derzeit einen rasanten Aufschwung. In Deutschland sind die UserInnenzahlen innerhalb des Jahres 2020 um 400 Prozent gestiegen. Und das, obwohl die App erst seit Kurzem auf Deutsch verfügbar ist und auf den ersten Blick „lediglich“ als weiterer Messenger daherkommt. Wie für solch einen Dienst üblich, haben NutzerInnen die Möglichkeit, persönliche Fotos hochzuladen, den Standort zu teilen oder Informationen zur eigenen Person zu veröffentlichen. Auch die Kommunikation via Live-Video-Funktion ist möglich. Im Unterschied zu bekannten Messengern wie WhatsApp oder Telegram, bietet Yubo eine weitere, für Chat-Apps eher untypische Funktion, die bislang nur bei Dating-Plattformen für Erwachsene zum Einsatz kam.

Per „Swipe-Funktion“ neue Freunde finden

Ähnlich wie bei Lovoo oder Tinder, Diensten, die sich explizit an Erwachsene richten, gibt es bei Yubo die, „Swipe-Funktion“, also die Möglichkeit Profile anderer NutzerInnen einzusehen und je nach Interesse auf dem Smartphone nach rechts oder links zu „swipen“, zu Deutsch: wischen. Interesse zieht einen Wisch nach rechts, kein Interesse einen Wisch nach links nach sich. Durch diese Funktion werden NutzerInnen dazu angehalten, andere Menschen nur aufgrund von Äußerlichkeiten zu beurteilen. Zwar gibt es die Möglichkeit, Interessen im Profil anzugeben, mit denen sich die Userin oder der User identifiziert, das Aussehen der Person bleibt dennoch das wichtigste Bewertungskriterium.

Problematisch ist dies vor allem, da sich Jugendliche – die Hauptzielgruppe der App – verstärkt mit dem eigenen Körperbild auseinandersetzen. Die Frage nach der eigenen Attraktivität und der Wunsch nach diesbezüglicher Rückmeldung aus dem sozialen Umfeld spielen für sie eine besonders große Rolle. Der persönliche Charakter neuer Medien wie Instagram unterstützt das Abgleichen von Selbst- und Fremdbild und vermittelt, dass jede und jeder Einzelne diesen Vorstellungen durch ausreichend Eigeninitiative entsprechen kann. Im Fall von Yubo hat dies zur Folge, dass minderjährige NutzerInnen von möglichst vielen Gleichgesinnten nach rechts gewischt werden wollen und ihr Profilbild dafür bis zur vermeintlichen Perfektion optimieren. Um einsehen zu können, wer einen nach rechts gewischt und somit Interesse gezeigt hat, bedarf es jedoch einer kostenpflichtigen Erweiterung. Preislich liegt diese – je nach Laufzeit – bei 6,49 Euro für eine Woche und 16,99 Euro für drei Monate. Grundsätzlich ist die Nutzung von Yubo aber kostenfrei.

Ein Altersnachweis ist nicht erforderlich

Bei der erstmaligen Registrierung fragt Yubo nur wenige Daten ab. Neben der Telefonnummer muss lediglich das Geburtsdatum angegeben werden. Eine verlässliche Altersüberprüfung findet bei der Anmeldung jedoch nicht statt – obwohl der Dienst erst ab 13 Jahren erlaubt ist und für unter 18-Jährige die Erlaubnis der Eltern in den AGB gefordert wird. Die Alters-Verifizierung ist freiwillig und kann über die externe App „Yoti“ vollzogen werden. Hat ein Nutzer oder eine Nutzerin die Verifizierung durchgeführt, wird dies durch einen gelben Haken hinter dem NutzerInnennamen angezeigt. Zu finden ist dieser nur bei sehr wenigen NutzerInnen.

Mangelnder Jugendschutz birgt Gefahren

Durch die „Swipe-Funktion“ und die nicht verpflichtende Altersprüfung der NutzerInnen, birgt Yubo einige  Risiken, die sich in Cybergrooming, Cybermobbing, sexueller Belästigung im Sinne anzüglicher Nachrichten oder dem Empfang von Nacktbildern äußern können. Begünstigt werden diese Risiken zum einen durch die Option des „ungewollten“ Erstkontakts. Im Gegensatz zu Tinder, wo zwei NutzerInnen ihre Profile jeweils nach rechts gewischt haben müssen, um miteinander chatten zu können, genügt bei Yubo die einseitige Gefallens-Bekundung, um die Kommunikation zu beginnen. Cybermobbing und sexuelle Belästigung sind so ohne Vorwarnung möglich. Lediglich Bilder können erst nach einer Antwort versandt werden.  

Um dem Kontakt zwischen Minderjährigen und Erwachsenen vorzubeugen, grenzt Yubo 13- bis 17-Jährige zwar von Volljährigen ab – eine Kontaktaufnahme ist also theoretisch nicht möglich. Da die Verifizierung des Alters aber nicht verpflichtend ist, können Erwachsene ihr Geburtsdatum in der Praxis vordatieren, sich als Minderjährige ausgeben und mit tatsächlich Minderjährigen in Kontakt treten. Daran ändert auch der in den Einstellungen zu findende Altersscan nichts, der das Alter der BenutzerInnen anhand der hochgeladenen Bilder einschätzt, da dessen Funktionalität nicht gesichert ist.

Immerhin können andere NutzerInnen geblockt und zudem bei Yubo gemeldet werden. Grundlage dafür sind die Community-Richtlinien, die NutzerInnen dazu anhalten nur eigene sowie angemessene Bilder und Videos zu verwenden und nur das exakte Geburtsdatum anzugeben. Inwiefern deren Einhaltung von Yubo selbst geprüft wird, ist unklar. Aufgrund dieser unzureichenden Kontrollinstrumente ist es aktuell nicht ausgeschlossen, dass Erwachsene über Yubo mit Kindern und Jugendlichen auf unangemessene Weise in Kontakt treten.

Quelle

SCHAU HIN!

Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz
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