Null Bock auf Schule – Wie entstehen Schulmüdigkeit und Schulverweigerung? – Was kann man tun?

Prof. Dr. Karlheinz Thimm

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Wer die PISA-Studie ernst nimmt, wird sich über die geringe Zahl schulmüder Kinder und Jugendlicher wundern. Für 80% (plus/minus) ist Schule mindestens überstehbar. Nicht gut bedient mit der Regelschule sind aber sozial Benachteiligte, Kinder mit Eigensinn und mit besonderen Talenten, Kinder mit Lernbedarfen, die nicht mit dem Gleichschritt vereinbar sind, und sehr sensible, verwundbare junge Menschen. Ihnen wird die Schule der Zukunft gerechter werden (müssen). All diese schulstrukturellen und -konzeptionellen Faktoren blende ich aus (für Interessierte vgl. ausführlich Thimm 2000). Ich versuche im folgenden, pragmatisch Hinweise zu geben, wie ein Misslingen der Schülerrolle verhindert werden kann.

Vorweg: Für wenige der Betroffenen kann das “Nein Danke” gegenüber der Schule ein Akt der Befreiung sein. Die Lösung aus einer unerträglichen Fehlforderung führt bei einigen jungen Menschen in der Folge nicht in Versagensgefühle und Depression, in Isolation und Selbstbestrafung, ins gesellschaftliche Abseits, in Drogen, in Chancenlosigkeit. Nein, dies war ein Sprung zu einem authentischeren, sinnhafteren Leben jenseits der Regelspur, dass sich der junge Mensch leisten konnte und wollte. Das gelingt eher bürgerlich sozialisierten, besonders starken, von einem Talent oder von einer Leidenschaft infizierten Jugendlichen. Was trägt sie? Sie glauben an sich, sie sind letztlich zielbewusst und verfügen personal und sozial über Mittel der Zielerreichung auf ganz eigenen Wegen. Familiale und weitere soziale Netze, Fähigkeiten, Illegalität zu vermeiden bzw. Instanzen sozialer Kontrolle auszutricksen sowie eigene Stärken unterscheiden diese ehemaligen Schüler/innen von den Losern. Aber solche “Edelaussteiger” stehen nicht für die Breite der schulmüden Jungen und Mädchen.

Schulmüde sind verschieden, sind eine farbige Mischung von Einzelwesen, die man schwerlich unter ein Dach bekommen kann. Zeitweise auftretende Schulmüdigkeit ist normal. Fast alle Kinder gehen mal lieber und dann auch wieder lustlos in die Schule. Aber Eltern sollten sich über die Gründe für solche Stimmungsschwankungen und ihr eigenes Handeln so früh wie möglich Gedanken machen. Denn je verfestigter die Schulmüdigkeit ist, um so schwieriger ist sie aufzuweichen. In der Folge geht es eher um die verhärteten Formen von Schulverdrossenheit oder gar Schulverweigerung.

Formen von Schulmüdigkeit und Schulverweigerung

Legt man die Intensität der inneren Entfernung und den Umfang von Abwesenheit als Strukturierungsmerkmale zu Grunde, sind diese Verlaufsstadien und Gruppen zu differenzieren:

  • Auffällige mit Anzeichen wie Motivationsverlust und Fehlen von Stunden.
  • Gefährdete, die innerlich schon aufgegeben haben und ggf. teilweise nicht mehr in die Schule kommen.
  • Abgekoppelte / Ausgestiegene, eine heterogene Gruppierung, für die außerschulische Maßstäbe Gültigkeit erlangt haben und deren Selbstkonzept sich auf das von Nicht-Schüler-Sein zu bewegt.

Nachweisbar sind in der Mehrzahl Entwicklungen des Hineinrutschens, des Driftens

  • von Schulunlust
  • zu passiven Formen des inneren Ausklinkens (Schulmüdigkeit)
  • über Stören und punktuelles Schwänzen (Schulverdrossenheit)
  • zur verfestigten Schulaversion und Schulverweigerung

1. Schulunlust, -müdigkeit, -verdrossenheit

umfassen Formen der inneren Emigration im Unterricht, der gezeigten Lernunlust, der dosierten Nicht-Erfüllung von Lehrererwartungen. Grob unterscheidbar sind:

  • Passive Formen als Rückzug bzw. verdeckte Unterrichtsverweigerung (z.B. häufige Aufmerksamkeitsverweigerung durch “Schlafen” , Träumen; zu spät kommen; keine Arbeitsmaterialien dabei haben; nicht auspacken; keine Hausaufgaben anfertigen … – ggf. variierend nach Fach, Lehrkraft, Lehrerhandeln …). Hier ist auch eine erhebliche Zahl “unauffällig Resignierter” einzuordnen.
  • Moderate “Torpedierung” von Unterrichtsabläufen in Form von häufigeren Mitarbeitsverweigerungen ( “Blödsinn” , “Krach” machen, Streiche ausdenken…).

2. Die aktionistische Schulverweigerung

(offene, andere störende Unterrichtsverweigerung) kann charakterisiert werden als Attackierung der schulischen Regeln im Unterricht, die über “durchschnittliches” und manchmaliges Stören und Leistung verweigern hinaus geht: häufiger Widerstand gegenüber den Lehrererwartungen, Außerkraftsetzen von schulischen Regeln und Üblichkeiten durch Action, häufige und starke Provokation der Lehrkräfte.

Zunehmend lassen sich allerdings nach T. viele Spielarten von Unterrichtsstörungen beobachten, die (eher ungerichtet) den "Apparat” Schule meinen: allgemeine Unruhe, generelles Unkonzentriert-Sein, diffuse Aggression. Diese Varianten sind nicht so sehr personenbezogen entzifferbar und gemeint. Die Lehrkraft ist im Jugendlichenerleben der für die als unerträglich, langweilig oder sinnlos erlebte Situation verantwortlich gemachte Funktionär. Im Rahmen von Störungen können sich viele Arten von Emotionen einstellen: Spaß, Freude, Häme, Wut, (Kompensations-)Lust am Ärgern, Selbstbestätigung, Muterfahrung … Hier wird Ersatzbefriedigung gefunden für solche Erfahrungen und Gefühle, die sich auch bei Leistungserfolgen ergeben können, wie etwa Stolz, Sinn, Wirksamkeits- und Fähigkeitserleben. Die häufigsten Botschaften unterrichtlicher Störungen sind nach R. Winkel:

  • Unterricht ist langweilig.
  • Ich fühle mich unter- oder überfordert.
  • Schule finde ich sinnlos.
  • Ich möchte beachtet, anerkannt, gemocht werden.
  • Ich will dazu gehören.
  • Ich räche mich für ungerechte Behandlung.
  • Mal sehen, wie weit ich gehen kann.
  • Ich möchte meinen Mitschüler/innen etwas bieten, sie unterhalten.
  • Ich kann nicht aufpassen und mitmachen, bis ich mit der Welt draußen klar bin.

Das klingt so eindeutig. Im Alltag wissen Eltern und Lehrkräfte nicht mehr so recht: Sollen sie widerständiges Schülerhandeln als legitime Rebellion gegen sinnlose Anforderungen oder einfach als frech werten, als Benachteiligung und Milieuschädigung, als für Entwicklungsphasen typische Schulmüdigkeit, als übermütiges Pennälerverhalten, als hinzunehmenden Ausdruck von Lebensfreude?

3. Vermeidende Schulverweigerung (starkes Schwänzen)

Unregelmäßiger Schulbesuch kann sich vom Fehlen einzelner Stunden und Tage bis hin zu einer längeren Abwesenheit und der totalen Abkopplung erstrecken. Wie die folgenden Bezeichnungen offenbaren, bilden Häufigkeit und Dauer der nicht entschuldbaren bzw. unentschuldigten Nicht-Teilnahme am Unterricht Kriterien für eine Differenzierung in Gelegenheitsschwänzen, Regelschwänzen und Massiv- / Intensivschwänzen.

4. Der Begriff des Totalausstiegs (klassisch: Schulabbruch)

meint eine eher rational-kalkulierte Verabschiedung aus der Schule nach vergleichsweise nüchterner Analyse mit dem subjektiven Ergebnis der Sinn- und Chancenlosigkeit durch weitere Teilnahme.

Insgesamt signalisieren die zweifellos nicht eindeutigen Zahlen aus verstreuten Untersuchungen ein erhebliches schulisches Sinn-, Akzeptanz- und Integrationsdilemma bei einer bedeutsamen Minderheit. Durchschnitt bildend lauten die Trends: 15% der Schüler/innen sind durchgängig schulmüde. Die Mehrzahl der Ausstiegsgefährdeten ist 14 oder 15 Jahre alt. Aktive Schulverweigerung beginnt im Alter von etwa zwölf Jahren. An Hauptschulen und Sonderschulen fehlen – regional sehr unterschiedlich verteilt – durchschnittlich zwischen 10 und 20% mehrere Wochenstunden unentschuldigt. Die Zahl von häufig und offensiv störenden Unterrichtsverweigerern in diesen Schulformen könnte bundesweit bei 10, 20 oder 30% liegen – je nachdem, wie “offensive Unterrichtsverweigerung” definiert wird.

Mehr als 80.000 Schüler/innen, also mehr als 9% eines Altersjahrgangs, verlassen die Schulen in der Bundesrepublik jährlich ohne Abschluss. 35.000 von ihnen kommen aus Sonderschulen. Weniger als die Hälfte der Gesamtgruppe holt den Abschluss außerschulisch nach. Das Arbeitslosigkeitsrisiko für junge Leute ohne Abschluss ist im Vergleich zu Hochschulabsolvent/innen mehr als sieben Mal höher. Soziale Integration und Teilhabe durch Erwerbsarbeit sind durch Misslingen der Schülerlaufbahn hoch gefährdet.

Ausprägungen im Grundschul-Bereich

Symptome von Schulmüdigkeit zeigen sich spätestens ab dem Alter von ca. acht Jahren. In der Grundschule spielen Ängste vor und in der Schule eine größere Rolle. Krankschreibungen und Entschuldigungen durch die Eltern wirken verdeckend. Frühe Signale in der Grundschule sind:

  • beeinträchtigte Lehrer/in-Schüler/in-Beziehung
  • Verspätungen
  • Unterrichtsstörungen
  • schulische Misserfolge, schulische Überforderung, schlechte Noten, Nichtaufrücken;
  • verlängertes Fehlen bei Bagatellerkrankungen; häufiges Fehlen wegen unspezifischer und wenig definierter Krankheiten (Bauchschmerzen, Kopfschmerzen…) bzw. Fehlen im Anschluss an das Wochenende
  • soziale Isolation in der Klasse
  • befriedigende bzw. bedeutsame Kontakte zu anderen schuldistanzierten Schüler/innen
  • Passivität im Unterricht, keine Mitarbeit
  • Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit des Kindes
  • soziales und kommunikatives Ausweichverhalten
  • unzureichende bzw. keine Hausaufgabenanfertigung
  • Eltern kommen nicht zur Sprechstunde, sind schwer erreichbar, blocken Kontakt ab
  • Geschwister gehen nicht regelmäßig bzw. erfolglos in die Schule

Die Gründe und Motive für schuldistanziertes Verhalten im Grundschul-Bereich sind verschieden. Oft gibt es Probleme in der Familie. Die Kinder sind frühzeitig auf sich alleine gestellt. Sie erfahren zu geringe Unterstützung im häuslichen Bereich für die schulischen Belange. Nicht wenige Eltern erleben der Schule gegenüber eine Hemmschwelle. Viele Schüler/innen haben Schwierigkeiten, sich in der Großgruppe Klasse zurechtzufinden und dort einen sicheren Platz einzunehmen. Eine besondere, bisher teilweise unterschätzte Problemgruppe bilden Schüler/innen, die aus pädagogischen Gründen versetzt wurden, die dann aber ohne zusätzliche, intensive Lernförderung den Anschluss verlieren und demotiviert aufgeben. Manche schuldistanzierte Schüler/innen bewältigen den Stufenwechsel von der Grund- in die Orientierungsstufe und vor allem Sekundarschule nicht und kommen innerlich und dann auch sichtbar in der weiter führenden Schule nicht an.

Ausprägungen im Sekundarschul-Bereich – Differenzierung in drei Teilgruppen

Ich möchte sehr vereinfachend auf drei größere Gruppen verweisen, die mit Schule große Schwierigkeiten haben. Zu der einen Gruppe gehören überwiegend Jungen, die schon lange vor dem Fehlen im Unterricht auffällig sind, stören und geringe schulische Leistungen erbringen. Sie besuchen die Schule hauptsächlich, um Gleichaltrige zu treffen. Ihre freie Zeit verbringen sie mit Freunden in der Stadt und geraten dabei immer öfter in Schwierigkeiten, bis sie auch der Polizei bekannt sind. Da die schulischen Erfolge mehr und mehr ausbleiben, gehen sie gar nicht mehr zum Unterricht und bauen sich eine alternative Tagesstruktur neben dem Schulvormittag auf.

Zu einer zweiten Gruppe gehören vorwiegend Mädchen, aber zunehmend auch Jungen. Auch hier beginnt die Schuldistanzierung mit einzelnen Fehlstunden und -tagen. Im Unterschied zu der ersten Gruppe sind sie aber nur wenig auffällig, wenn sie die Schule besuchen. Meist sind sie zum Erstaunen der Lehrkräfte sogar trotz großer Fehlzeiten in der Lage, akzeptable Leistungen zu schaffen, wenn sie die Schule besuchen. Manche dieser Mädchen und Jungen treffen sich ebenfalls in der Stadt mit Freundinnen oder Freunden, viele verbummeln aber die Zeit irgendwo, damit niemand merkt, dass sie nicht in der Schule waren oder sie bleiben gleich im Bett liegen. Durch die großen Fehlzeiten fühlen sie sich nicht mehr in die Klasse integriert. Sie haben Angst, sich durch schlechte Leistungen und falsche Antworten zu blamieren und lassen schließlich den Versuch ganz sein, wieder in die Schule zu gehen. Diese Jugendlichen äußern den Wunsch, einen Hauptschulabschluss zu erreichen und eine berufliche Ausbildung zu machen. Viele lehnen lange jede Hilfe ab und behaupten, den Wiedereinstieg in die Schule “ab morgen” alleine zu bewältigen.

Zur dritten Gruppe gehören Schüler/innen, die Opfer von Gewalt und Bedrohung, aber auch alltäglicher Demütigung und inszenierter Blamagen sind. Es sind die Mitschüler/innen, die sie ausgrenzen und ihnen das Leben und Lernen in der Klasse zur Qual machen. Viele dieser Kinder und Jugendlichen verspüren schon morgens keinen Appetit, haben Kopf- und Magenschmerzen, wählen immer wieder neue “unlogische” Wege zur Schule, schlafen unruhig, gehen in den Selbstschutz von Passivität und Abkapselung, bleiben weg. Oft sind diese fast immer gleichgeschlechtlich bedrohten, gemobbten, beschämten Mädchen und vor allem Jungen blockiert, sich anzuvertrauen bzw. sie gehen im alltäglichen Schultrubel unter.
An allen Gruppen zeigt sich: Dramatisch gefährdet sind Schüler/innen,

  • denen Bindung zu Lehrkräften und Mitschüler/innen und dem gemäß Integration in ein prosoziales Klassen- und Schulleben fehlen,
  • die nicht aktiv an Schule teilhaben und von Schule nicht profitieren,
  • die dann in der Folge nicht an den persönlichen Nutzen von Schule glauben.

Hintergründe und Bedingungen – das Entstehungsgefüge für Schulmüdigkeit

Die isolierbare Ursache für Schulmüdigkeit und Schulverweigerung, die im Einzelfall “wie der Blitz einschlägt” , gibt es selten. Schulmüdigkeit als ein die Einzelfälle umspannendes Gesamtphänomen ist geprägt von einer Vielzahl von Bedingungs-, Auslösungs- und Verfestigungsfaktoren. Einzelne Variablen werden fast immer von einer großen Zahl anderer beeinflusst. Wechselseitige Aufschichtung und Verstärkung sind wirksam. Ob aus Unlust Schulmüdigkeit und dann sogar Schulverweigerung entsteht, entscheidet sich in der Summe, vor allem aber Potenzierung von Ereignissen und Folgesfolgen. Kein Schulmüder ist wie der andere: hinsichtlich der Hintergründe und Motive, der Verläufe, des Selbsterlebens, der Zugänglichkeit. Mit Abstand betrachtet ist starke Schulmüdigkeit meist Ergebnis eines langen Weges des Hineinschlitterns mit möglichen Wendepunkten, an dessen Zustandekommen mehrere Systeme beteiligt sind. Die Frage, ob die Hauptverantwortung in der Schule oder in der Familie zu finden ist, führt in dieser Allgemeinheit nicht weiter. Der Endpunkt, das Verfestigungsstadium Schulverweigerung ist ein Phänomen, das immer mit Schule zu tun hat, aber nur selten ausschließlich durch schulische Vorgänge allein erklärbar ist. Anders: Der Auftretensort von Problemen ist nicht immer und unbedingt identisch mit dem Entstehungsraum. Im wesentlichen lässt sich Schuldistanz auf fünf zentrale Entstehungsfelder zurück führen:

1. Häufig ist Schuldistanzierung bei den Älteren Endprodukt einer demoralisierenden Schülerlaufbahn mit Leistungsmisserfolgen, Klassenwiederholung, Überalterung, Unterrichtsausschlüssen, Herunterstufung. Wenn einem Menschen wiederholt Unangenehmes widerfährt, wird er die Quelle dieser Erfahrungen abstellen wollen: also entweder das Problem lösen, oder, wenn dies nicht gelingt,

a) die Situation vermeiden oder

b) “zerstören“ und/oder

c) die Lage, das Ergebnis kognitiv-motivational mit einer neuen Bedeutung versehen (umwerten; abwerten) bzw.

d) Kompensation, Entschädigung suchen.

2. Oft passen soziokulturell bestimmte Lebenssituationen nicht zu den schulischen Anforderungen. Hier fehlen Brücken zwischen der Draußen-Welt und der Schulwelt.

3. Nicht selten kollidiert der Wunsch nach erfolgreichem, regelmäßigem Schulbesuch mit familialen Verhältnissen. Schuldistanz ist dann Ausdruck und Folge von disfunktionalen Tagesstrukturen und schwächenden elterlichen Modellen, überfordernder Rollenverteilung, Funktionsausfällen in der Familie oder auch ”nur“ im Prinzip vorübergehende, unerwartete kritische Lebensereignisse wie Scheidung, Arbeitslosigkeit, schwere Krankheiten in der Familie.

4. Manchmal geht es den jungen Menschen darum, in Gegenidentifikation zu den Eltern Eigensinn zu produzieren und zu demonstrieren. Hier ist starke Schulabneigung im eigenen Erleben ein” Befreiungsschlag“ gegen erfahrene Einengung (”Ablösungskrisen“) oder aber gegen permanente Überforderung durch die Wahl einer falschen Schulform.

Schuldistanzierung kann in Einzelfällen auch unglückliches Ergebnis einer Verkettung sein, an deren Anfang durchaus überschaubare, beinahe normale, lösbare Konflikte und nicht besonders schwer wiegende Probleme standen. Diese wurden nicht gelingend bearbeitet.

Nicht alle Belasteten scheitern. Auch stark beeinträchtigte junge Menschen können Umstände besiegen, das Heft des Handelns in die Hand bekommen, über Beschränkungen hinauswachsen. Nachgewiesene Schutzfaktoren sind:

  • Erwachsene, die ermutigen
  • Stabilität, Kontinuität in der Betreuung (mindestens eine berechenbare Bezugsperson)
  • jemand, der nachhaltig Wert auf schulische Erfolge legt und unterstützt
  • Freunde, die sich für Schule engagieren
  • konstruktive, befriedigende, herausfordernde Freizeitinteressen
  • regelmäßige Anwesenheit in der Schule
  • Sprach- und Lesekompetenz

Zurecht fragt man auch die jungen Menschen, wie sie sich ihre Abkoppelung erklären. Kaum ein Schulmüder würde aber z.B. seine Eltern und die familiale Situation als Verursachungsbereich nennen. Ebenso selten würde eine Lese-Rechtschreib-Schwäche als Grund von ihnen benannt werden, auch wenn diese womöglich schwer wiegt. Genannt werden oft Anlässe, weniger komplexe und vorbewusste Hintergründe. Schon gar nicht werden, wie angedeutet, gegenüber Lehrer/innen die eigenen Eltern belastet. Empfunden werden solche Themen von den jungen Menschen als ”Null Bock“, Langeweile oder auch als Beziehungsproblem mit Lehrkräften. Jugendliche Selbstauskünfte sind ernst zu nehmen. Viele junge Menschen wissen vor allem in der Deutung der schulbezogenen Situation, was ihnen fehlt und was sie brauchen. Aber diese Klarsicht betrifft nur eine Medaillenseite; andere Hintergründe und Motive müssen entdeckt, heraus gelesen, erschlossen werden.

Nachgewiesen in der Zurechnung der Ursachen von Schulproblemen ist in der Tendenz: Lehrkräfte sprechen Eltern und Schüler/innen verantwortlich, Eltern die Schule und/oder das Kind, junge Menschen die Schule und gleichaltrige Verführer. Einseitige Verantwortungszuerkennung wird i.d.R. dazu führen, dass die Schwarze-Peter-Schuldkarte weitergereicht wird: von Schüler/in zu Lehrer/in zu Jugendamt zu Erzieher/in zu Eltern zu Schüler/in… Erklärungsversuche, die weiter helfen, machen Beziehungen und Wechselwirkungen auf: zwischen Schule und Familie und Einzelnen und Cliquen… oder zwischen Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft… oder zwischen Leistung, Selbstwert, Bewältigungsfähigkeiten und sozialer Beliebtheit …

Der Stellenwert der Familie

Hinter Schulmüden stehen nicht selten Mütter und Väter in Not. Schulmüdigkeit ist – so gesehen – Folgesymptom, eher eine Auswirkung familial bedingter Lebens- und Entwicklungsschwierigkeiten. Einzelfalluntersuchungen bei harten Schulverweigerern zeigen: Überzufällig häufig in Verweigerungskontexten anzutreffen sind psychosoziale Probleme wie Verlust elterlicher Bezugspersonen durch

  • deren Trennung,
  • Todesfälle oder Inhaftierung,
  • psychische Elternprobleme,
  • Rhythmusstörungen in der Tagesstrukturierung,
  • unangemessene Einbindung der Kinder in die häusliche Versorgung,
  • sexueller Missbrauch,
  • Opfer von häuslicher Gewalt und Sucht in der Familie.

Nur eine illustrierende Zahl: Beim Gelegenheitsschwänzen gibt es nur ein schwaches Plus von Kindern aus Eineltern-Familien. Der negative Begünstigungszusammenhang steigt aber beim Regel- und Intensivschwänzen auf das Drei- bis Fünffache (vgl. z.B. Puhr u.a. 2001).

Gültige Ergebnisse über den Zusammenhang von Erziehungsstilen und Schulmüdigkeit liegen nicht vor. Allerdings zeigen sich in vielen Einzelfällen folgende Probleme:

  • elterliche Kontrollschwächen;
  • Ausfall von Unterstützung der Kinder;
  • Orientierungsmängel durch ungünstige Grenzsetzung;
  • bildungsferne Elternmodelle.

In der Außenbewertung hinderliche Erziehungsstile sind u.a.:

  • hilflose Bagatellisierung der schulischen Misserfolge und Frustrationen mit” unbeabsichtigten “Laisser-faire-Elementen;
  • Totalfreisprechung der eigenen Kinder mit Schuldzuweisung an die Schule;
  • Autoritätslücken bis hin zum Rollentausch;
  • starke Unstetigkeit und Unberechenbarkeit im elterlichen Handeln
  • und – nicht zuletzt – ein wenig einfühlender restriktiver, vor allem durch Druckausübung gekennzeichneter Erziehungsstil.

Befunde deuten darauf hin, dass elterliches Interesse, emotionale und praktische Unterstützung und Kontrolle sowie ein guter Familienzusammenhalt positiv mit Anwesenheit, Schulerfolg und Schulzufriedenheit der Kinder zusammenspielen.

Soziale Probleme der Elternhäuser begünstigen Schulmüdigkeit. Es gibt allerdings auch in intakten Familien bzw. in Familien, die nicht zu den Benachteiligten zählen, schulmüde Kinder. Aber in der Mehrzahl fällt Schulmüdigkeit nicht vom heiteren Familienhimmel. Nachgewiesen hochriskant sind negative Schulerfahrungen der Eltern und daraus resultierende Zwiespältigkeit gegenüber der Schule. Schuldistanzierte Einstellungen der Eltern, elterliche Hilflosigkeit, mit schulischen Erfordernissen schwer vereinbare familiale Lebensverhältnisse sind das breite Hintergrundthema. Allerdings entwickeln sich Schulmüdigkeit und -verweigerung hin und wieder auch durch Überanpassung von Eltern an Schule in rigiden, leistungsehrgeizigen Familien. Dort regiert die heimliche Tauschformel ”Noten gegen Akzeptanz und Liebe“. Im Zuge ständigen (Über-)Drucks entstehen ggf. dramatische Ablösungskrisen mit Schulschwänzen als Leit- oder Nebensymptom, anders: als Waffe gegen besonders wunde Elternstellen.

Was kann man tun?

Bessere und schlechtere Chancen für pädagogisches Handeln

Gute Chancen für pädagogisches Handeln bei Schwänzen bestehen, wenn

  • schnell und früh eingesetzt wird (um Verfestigung durch Selbstverstärkung zu verhindern);
  • das Schwänzen vorrangig schulische Gründe hat;
  • Schwänzen als eine klare Reaktion auf ein abgrenzbares Problem deutbar ist, gar eine gezielt ”strafende“ Absicht gegen Eltern oder Lehrer/innen erschlossen werden kann;
  • eine positive Einstellung in der Klasse zum Schulbesuch herrscht und an soziale Beziehungen in der Lerngruppe angeknüpft werden kann;
  • Eltern das Schwänzen als Problem erleben;
  • Kontaktaufnahme – Zeit nehmen, Geduld, Zuhören – von den Jugendlichen nicht generell abgelehnt wird und die Fähigkeit, Beziehungen aufzunehmen, nicht grundlegend gestört ist.

Wenn pädagogische Strategien erdacht werden, ist zu bedenken: Achtung Kontext! Der Ort prägt mit seinen Möglichkeiten und teilweise / weitgehend unveränderbaren Bedingungen das pädagogische Handeln. Kontexte wie Familie, Jugendamt, Real- oder Förderschule, Heim, Jugendzentrum, Beratungsstelle usw. sind gezeichnet durch ganz unterschiedliche alltagsprägende Faktoren, Zwecke und Aufgaben. Lösungsansätze der einen Seite taugen pur und total nie für das andere System. Unterschiedsbewusstsein ohne Kooperationsverweigerung ist angezeigt.

Schwieriger wird es, wenn bei verfestigter Schuldistanzierung

  • Schwänzen nicht als Reaktion entschlüsselbar ist, sondern mit resignativer oder sogar ”lebensverneinender“ Sogkraft auftritt;
  • den Jugendlichen in ihrem Erleben ”alles egal“ ist;
  • die Familie schwer einzubinden ist und sogar mit dem Verhalten des Kindes ”halbbewusst sympathisiert“;
  • Jugendliche in der Klassengemeinschaft keinen ”Anker“ haben;
  • der Kontakt zur Schule völlig abgerissen ist und im Sog von alternativen Wirkungsräumen (Partner/in; Geld verdienen; Drogen; Straße …) positive Erfahrungen ”statt Schule“ eintreten;
  • schon frühkindlich erhebliche Probleme mit Rollenerwartungen in Institutionen auftraten;
  • ein abgekoppeltes Wertesystem entstanden ist, in das Nicht-Gehen integriert ist;
  • existenzielle Bedürfnisse (Sicherheit, Zugehörigkeit, Gewollt-Sein …) nicht befriedigt sind;
  • junge Menschen in einer Veränderung nur Kosten und keinen Gewinn / keinen Sinn sehen.

Entscheidungsfrage Zuständigkeit

Vorweg: Reagieren Sie so schnell wie möglich. Schon wenige unentdeckte oder seitens der Schule und Eltern nachlässig verfolgte Schwänztage können den Wiedereinstieg für den jungen Menschen massiv erschweren. Zu klären ist am Anfang: Wer steigt ein? Entscheiden Sie eher nach Beziehungsqualität (also wer hat den besten Zugang zum/r Jugendlichen) oder nach formaler Zuständigkeit? In Frage kommen neben Eltern (ohne sie / Sie geht es schlecht!) u.a.: Klassenlehrer/in, Fachlehrer/in, Schulleiter/in, Beratungslehrer/in, schulexterne/r Jugendhilfe-Mitarbeiter/in, Schulsozialarbeiter/in, schulpsychologische Fachkräfte. Entweder übernehmen unterschiedliche Menschen je unterschiedliche Aufgaben (dann benötigt man jemanden, der koordiniert und ”den Faden hält“) oder eine Schlüsselperson steigt hauptverantwortlich ein.

Recherchieren und verstehen, was Sache ist

Reagieren Sie nicht spontan-affektiv auf unregelmäßigen Schulbesuch, sondern machen Sie sich zuerst einmal bewusst, welche Emotionen (Ärger, Genugtuung, Hilflosigkeit, Sorge…) das Schwänzen bei Ihnen auslöst. Versuchen Sie danach, rational zu durchdringen, was der Fall ist. Das Verstehen umfasst eine Klärung des Was, Wieso und Wozu (Was will der/die Schüler/in erreichen oder vermeiden?). Die ersten Schritte sind:

Sachverhaltsaufklärung durch ”Datensammlung“ (Häufigkeit, Art, Dauer, Phase, akute Tendenz des unregelmäßigen Schulbesuchs, der Schulschwierigkeiten … in Erfahrung bringen).
Sprechen mit dem jungen Menschen (eventuell ist aufsuchendes Hinterhergehen erforderlich).
Direkte, unmittelbare Kontaktaufnahme zwischen Lehrer/in und Eltern; Ermittlung des jeweiligen Wissensstands sowie der Haltungen, des Problemverständnisses und bereits durchgeführter Unterstützungs- und Gegenwirkungsaktivitäten.

Das Zusammentragen bringt Aufschluss über folgende Fragen:

  • Wie lange wird schon geschwänzt?
  • Wie ist die aktuelle Lage?
  • Welche Folgeprobleme treten auf (Leistung, Sozialkontakte, Bruch mit Eltern…)?
  • Was ist die Bedeutung des Verhaltens (wieso?, wozu?), ”was steckt dahinter?“ (in den Feldern Schule, Familie, Gleichaltrige…).

Sicherlich können die Motive und Hintergründe genauer bestimmt werden. In Frage kommen z.B.:

  • Überlastung in der Familie (Kopf und Herz sind nicht frei für das Lernen),
  • Angst (vor Leistungsversagen, schlechter Zensur, Beschämung, Ausgrenzung, Sich-Zeigen im Unterricht …),
  • ungelöste Konflikte mit Mitschüler/innen (z.B. Schwänzer/innen als Opfer),
  • ungelöste Konflikte mit Lehrkräften, mit Folgen wie Angst, Protest,”Bestrafung“ von Lehrer/innen,
  • Cliquensog und Anerkennungssuche bei Gleichaltrigen,
  • “Null Bock” durch Misserfolge und Sinnverlust u.a.m.

Die Struktur des Verstehens und der daraus folgenden Handlungsplanung sollte sein:

  1. Problembeschreibung: z.B. Dauer und Stärke des unregelmäßigen Schulbesuchs, Formen und Situationen
  2. Kontexte: Kennzeichnendes über die Lebenssituation des Jungen / Mädchens
  3. Hypothesenbildung
    • Absichten, Ziele, Motive (Subjektseite, Innenwelt)
    • Hintergründe, Ursachen (äußere Einflüsse)
  4. Recherchebedarf: Zusatzinformationen, weitere Beteiligte …
  5. Perspektivenwechsel und Selbstdeutung: Was sagt der junge Mensch (typische Sätze)?
  6. Stärken: Ressourcen, Fähigkeiten, kleine Leidenschaften
  7. Zielsetzungen der verschiedenen Beteiligten
  8. Untersuchung bisheriger Lösungen: Was wurde bisher mit welchen Effekten versucht? (Bewährtes; Teilbewährtes; Gescheitertes)
  9. Entscheidung für ein Lösungspaket, das Beiträge der Beteiligten bestimmt
  10. Genaueste Präzisierung der Umsetzungsschritte

Ideen für Interventionen vor der Verfestigung von Schulmüdigkeit / -schwänzen

Welche Interventionen Sie wählen, ist abhängig von den Hintergründen und Motiven im besonderen Fall. Entscheidend für die Wirksamkeit sind Interesse und Zuwendung, einbeziehen, Vorgehensweisen miteinander erdenken. Je nach individueller Geschichte, je nach Motiven, Gründen, Umständen können auch Formen des Bedrängens, des Druckausübens – eingebettet in Unterstützungsangebote – letztlich hilfreich wirken.

Folgende Ansätze im Zusammenwirken von Schule und Eltern haben sich bewährt:

  • Anwesenheit belohnen und die individuelle Schulbesuchszufriedenheit erhöhen, z.B. durch
    • eine teilweise Senkung der Leistungsanforderungen und die Schaffung von Erfolgserlebnissen;
    • eine Förderung spannungsfreierer Schülerbeziehungen;
    • soziale Verstärkung in der Schule für erfüllte Aufgaben;
    • häufige und offene Gespräche, u.a. über die Unterrichtsgestaltung.

Generell gilt es, dem jungen Menschen Aufmerksamkeit zu schenken und ihm zu vermitteln, dass er wichtig ist.

  • Zufriedenheit mit Schwänzen vermindern / die Abwesenheit stören durch
    • unmittelbare Hausbesuche;
    • Zustellung von Arbeitsaufträgen bei Krankheit;
    • Schülerpatenschaften ( “Abholdienst” , nachfragende Telefonate und Besuche);
    • elterliches Bringen zur Schule, elterliche Sanktionen bei Weigerung.
  • Ankommen in der Schule nach Fehlzeiten und Wiedereingliederung (bei Rückkehr nach längerer Fehlzeit, Schul- und Klassenwechsel) positiv gestalten. Das kann geschehen durch
    • Untersuchung der Scheiternserfahrungen;
    • Ermittlung der Vorstellungen, der Wünsche der jungen Menschen;
    • sorgfältige Vorbereitung und gestaltete Aufnahmeprozesse in die Klasse;
    • Schüler/innen und verantwortliche Lehrkräfte als “Lotsen” .

Erwachsene sollten vermitteln, dass die jungen Menschen als Person akzeptiert werden (auch wenn das Verhalten kritisiert wird), dass sich die Lehrer/innen Sorgen machen und dass der neue Start ein echter Neuanfang werden sollte. Die Äußerungen der Rückkehrer sind ernst zu nehmen. Wichtig ist es, dass eventuelle Befürchtungen der Schüler/innen, bei Rückkehr hämische Bemerkungen, Ablehnung u.ä. zu erfahren, nicht eintreten.

  • Vereinbarungen treffen. Kontrakte haben nur dann für alle eine Bedeutung, wenn jeder die eigenen Ziele und Wünsche unterbringen kann. Vereinbarungen stärken Selbstverantwortung. Vorteile sind:
    • Jugendliche werden als Verhandlungspartner ernst genommen.
    • Der Problemkomplexität kann durch eine individuelle Ausformung eines Vertrages Rechnung getragen werden.
    • Die Selbststeuerungsfähigkeit des jungen Menschen wird angesprochen.
    • Der Zeitaufwand ist verkraftbar.

Kriterien für gute Verträge sind:

  • zeitlich überschaubar,
  • inhaltlich verständlich,
  • übersichtlich und konkret,
  • eindeutige und erfüllbare Konsequenzen,
  • Prinzip der Zweiseitigkeit, Rechte und Pflichten für beide Seiten,
  • Aushandlungscharakter,
  • realisierbare Zielsetzungen,
  • Aussagen über Kontrolle,
  • Abfrage und Dokumentation der Unterstützungswünsche,
  • Ritualisierung des Vertragsabschlusses.

Ein einfaches Beispiel:

  1. K. setzt sich das Ziel sich, …
  2. K. hat das Recht …
  3. K. hat die Pflicht …
  4. Nach … erfolgt eine Zwischenauswertung.
  5. Hat K. sein Ziel erreicht, kann er …

Allerdings hängt der Erfolg von zwei Voraussetzungen ab: Einmal muss der/die Schüler/in auch kontraktfähig, d.h. in der Lage sein, Vereinbarungen einzuhalten oder dies bei solchen Gelegenheiten zumindest auch lernen zu wollen. Zum anderen muss er/sie den Zweck der Schule akzeptieren. Das mag eher möglich werden, wenn der Kontakt Aufschlüsse über zu berücksichtigende Stärken und Interessen erbringt und/oder der in das Schwänzen eingeschlossene Konflikt bzw. das dahinter liegende Problem gründlich bereinigt werden können.

Ein kleiner Förderplan

  1. Welche Stärken, Fähigkeiten, Kenntnisse hat X? (a. allgemein, b. schulisch, c. Sozialverhalten, d. selbst geäußerte Interessen, Vorlieben)
  2. Welche Aktivitäten vollzieht X gern, was macht er/sie mit Widerstand, wo steigt er/sie aus? (Ausgewählte Bereiche)
  3. Welche schulischen Defizite müssen schnell behoben werden (wie, wer mit wem, wann)?
  4. Welche Probleme im Sozialverhalten müssen dringend bearbeitet werden (wie, wer mit wem, wann)?
  5. Welche fördernden Aktivitäten und Handlungsstrategien werden in Zukunft verwendet? Z.B.: Welche Verantwortung kann X übertragen werden?
  6. Welche sonstigen Hilfen müssen gegeben werden?
  7. Welches Problem möchte X aktuell selbst lösen?
  • Dichter Kontakt zwischen Eltern und Schule. Runder Tisch mit Eltern und jungem Menschen, ihm/ihr Verantwortung und Regie zusprechen und selbst Lösungen produzieren lassen.
  • Persönliche Reaktion zeigen – damit kann vieles gemeint sein, außer zu drohen, zu moralisieren und beleidigt zu reagieren: Kümmern und Hinterhergehen, Steigerung der Aufmerksamkeit, Erhöhung der Zuwendung durch kleine Signale, Ausdruck von Bedeutsamkeit, Formulierung von Sorge …
  • Schulleiter/in als unterstützende Person einschalten (bei Ausnahmen von der Regel nimmt die Schulleitung direkt Kontakt auf: “Du hast heute nicht gestört!” ; “Du bist heute nicht rausgeflogen!” ; “Du bist pünktlich!” ; “Du bist da!” ).
  • Vielleicht haben Lehrkräfte auch Lust auf ungewöhnliche Ideen? Man könnte
    • den Jugendlichen mit einem Brief überraschen;
    • die Klasse oder den jungen Menschen selbst um Beratung bitten, was die Lehrkraft tun kann, um ihn zu unterstützen;
    • morgens zu dem Schüler/der Schülerin gehen und freundlich Kontakt aufnehmen;
    • sich fünf anerkennende Botschaften gegenüber dem jungen Menschen für die kommende Woche vornehmen;
    • sich gegenseitig etwas voneinander wünschen und die spätere Realisierung kurz “feiern” ;
    • die Mutter / den Vater auch mal im positiven Fall anrufen;
    • vor der Stunde fragen: “Wie sieht Dein Stresspegel zwischen 0 und 10 aus?” ; “Was soll ich heute machen / lieber nicht machen, damit wir ohne ´Unfall´ durch den Tag kommen?” .
  • Und nicht vergessen: Nachsetzen! Behalten Sie den jungen Menschen im Blick, auch wenn erste Verbesserungen eintreten. Suchen und geben Sie über einen befristeten Zeitraum hinweg noch Rückmeldungen.

Schulmüdigkeit / -verweigerung und Eltern

Häufig muss in Überwindung von Resignation das elterliche Wohlwollen und Interesse an den Kindern neu mobilisiert werden. Hilfreich ist die Grundannahme, dass alle Eltern gute Eltern sein wollen. Als erfolgreich wird Arbeit mit Familien dann berichtet, wenn es gelingt, neu Stolz der Eltern auf ihr Kind zu wecken und eine Positivspirale anzustoßen. Gelingende Strategien bzw. Arbeitsrichtungen können sein (hier sind vor allem moderierende Dritte angesprochen):

  • Elterliche Ursachenzuschreibungen für Erziehungs- und Schulprobleme erfragen.
  • Direkte Kommunikation zwischen Eltern und Jugendlichen herstellen.
  • In Gesprächen den Umgang mit den Schulproblemen der Kinder klären – auch über elterliche Gefühle, ihre Absichten, die realen Wirkungen sprechen.
  • Elterliche Ressourcen suchen.
  • Transparenz hinsichtlich der elterlichen Schulgeschichte schaffen.
  • Konflikte in Bezug auf die Schule genau untersuchen.
  • Eltern im Kontakt mit der Schule im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe stärken.
  • Eltern ermutigen, in die Verantwortung zu gehen und nicht aufzugeben.
  • Elterliche Sichtweisen auf den Jungen / das Mädchen erweitern (weg von der Symptom- und Defizitfixierung).
  • Eltern bei der Erarbeitung von Bewältigungsmöglichkeiten für ihre Belastungssituationen und Erziehungsfragen unterstützen (Kompetenzerweiterung).

Noch einmal deutlich: Sollten Sie als Eltern den Gesprächsfaden zu Sohn oder Tochter verloren haben (Sie merken, ob dies mehr ist als reguläre Ablösungsabgrenzung?!), holen Sie sich Moderationshilfe. Es ist gut, wenn ein unparteiischer Dritter Erlaubnis erhält, Eltern und ihre Kinder aus den Schützengräben der Verhärtung, Forderungen und Vorwürfe zurück in das direkte Gespräch zu bringen.

Hilfreiche Gespräche (mit dem jungen Menschen)

Gesprächsaufbau

Ein kooperatives Gespräch durchläuft diese Stadien:

  1. Vorbereitung (eigene Ziele klären; Befindlichkeit des Gegenübers bedenken; Entweder-Oder-Lösungen im Kopf streichen)
  2. Gespräch anbahnen, Kontaktaufbau (den Anderen abholen durch Herstellen von Ebene und Wellenlänge sowie eine angemessene Nähe / Distanz finden); Bekräftigen ( “Gut, dass wir jetzt mal sprechen!” o.ä.)
  3. Vertiefung / Problemverständnis: Standpunkt des Gegenübers kennen lernen (Schülersicht zulassen); Zentralthema finden und dabei Gefühle erspüren: Angst, Ärger, Beschämung, Überforderung usw.; Ziele suchenMindestens ein Teil der Schülerpersönlichkeit muss zu einer Öffnung, einer “Ja” -Haltung, einer inneren Autorisierung ( “Der Vater, die Mutter, der Lehrer meint es gut! Der mag mich. Der darf das.” ) gebracht werden. In der Mehrzahl können Schüler/innen die Probleme im Prinzip benennen. Das ist jedoch nicht immer “die ganze Wahrheit” . Nur wenn man den Jugendlichen in einigen Situationen besser versteht als dieser sich selbst, wenn man etwas hinter den Fassaden und Symptomen entdeckt und wenn man demgemäß etwas Bedeutsames zu sagen hat, was anhörbar und annehmbar ist, wird der junge Mensch Respekt entwickeln, Vertrauen und Hoffnung schöpfen. Auf Seiten des jungen Menschen könnte ein erfolgreiches “Durchlaufen” der ersten drei Schritte zu Gedanken führen wie: “Hier interessiert sich eine Lehrkraft für mich. Meine Mutter gibt nicht auf, lässt mich nicht fallen. Hier versteht jemand meine Probleme. Der/die kann ja über den Tellerrand schauen. Frau/Herr X lässt sich aber nicht einwickeln, die blickt durch. Der glaubt an mich.”
  4. Lösungsalternativen suchen (Brainstorming; Diskussion der Vor- und Nachteile von Lösungen; Bewertung der Lösungen nach Schülerkriterien, sachlicher Angemessenheit, Vermittelbarkeit nach außen usw.; Entscheidung)
  5. Aktionsplan entwerfen: möglichst konkret und genau besprechen, wie das neue Verhalten aussehen soll; Realisierung prüfen; Situationen in Gedanken durchspielen; Umsetzungsschwierigkeiten vorwegnehmen; Hilfen ermitteln; Konsequenzen besprechen
  6. Kurze Auswertung, Dank, Ritualisierung (durch Handschlag, Vereinbarung, Abschlussformel); ggf. Verabredungen zur Kontrolle

Beispiele für Fragen

Für erhellende Gespräche mit den jungen Menschen können folgende Fragen sinnvoll sein:

  • Wie findest Du Deine bisherige Schulzeit?
  • Welche Fächer magst Du, welche nicht?
  • Mit welchen Lehrkräften kommst Du klar? Was gefällt Dir an diesen?
  • Mit welchen Lehrkräften hast Du Konflikte?
  • Wie sehen insgesamt Deine aktuellen Probleme aus? Worin liegt Deiner Ansicht nach das Problem? Oder gibt es gar kein Problem?
  • Haben Dich Lehrkräfte vor der Klasse blamiert?
  • Kannst Du akzeptieren, dass in der Schule die Lehrkräfte das Sagen haben?
  • Hast Du Angst vor Leistungskontrollen?
  • Hast Du in dieser Schule Freunde?
  • Wirst Du von Mitschüler/innen in der Schule akzeptiert?
  • Ärgern oder bedrohen Dich Mitschüler/innen in der Schule?
  • Warst Du schon immer anders als die anderen?
  • Findest Du es gut zu schwänzen? Wenn ja, was macht Dir daran Spaß?
  • Fragen Deine Eltern regelmäßig, wie es in der Schule läuft?
  • Hast Du dich bisher in der Schule angestrengt?
  • Wie verläuft genau ein Tag mit Schule und wie ohne Schule? Was geht Dir durch den Kopf, wie fühlst Du Dich: auf Deinem Weg zur Schule, wenn Du im Bett bleibst, bei Deinen alternativen Aktivitäten, beim Einschlafen, wenn Du resümierst?
  • Wem gibst Du die Schuld? Hast auch Du aus Deiner Sicht Fehler gemacht?
  • Welche Probleme hast Du schon gelöst? Wie?
  • Wie würde ein optimaler Tag mit Schule aussehen?
  • Was wünschst Du Dir von Lehrer/innen, Eltern, Mitschüler/innen? Welche Tipps kannst Du Deinen Lehrer/innen geben?
  • Was könntest Du zur Lösung beitragen? Wer könnte Dich unterstützen?
  • Welche Nachteile träten ein, wenn Du Dich entscheiden würdest, ab heute regelmäßig in die Schule zu gehen?

(Bitte nicht alle Fragen nacheinander stellen. Suchen Sie sich passende Zugänge aus.)

Abschließende pädagogische Thesen1

  1. Zunächst ist das Verstehen des Motivs bzw. der Motive das A und O. Ein schulisches Opfer von Gleichaltrigen braucht etwas anderes als ein schulfrustrierter “Null Bock” -Jugendlicher, ein sexuell missbrauchtes Kind etwas anderes als das fehlgeforderte Schulkind mit besonderer Begabung. Immer aber stärken vorurteilsfreie Gespräche zwischen Erwachsenen und Schüler/in mit der Erhöhung von Interesse und Zuwendung die Beziehung. Hintergründe und Entstehungsgeschichte, Lösungsideen und Hindernisse sind mit dem jungen Menschen selbst zu klären. Annehmende, hörend-begleitende Gespräche (auf einer Beziehungsgrundlage!) könnten wirksam sein.
  2. Schematisches Agieren ist kontraproduktiv. Unterstützung, konfrontierende Gegenwirkung, Kontrolle, Nachgehen sind fallspezifisch zu gestalten und zu mischen. Bestimmte Lösungen passen für einige, für andere nicht. Pädagogik ist nie risiko- und nebenwirkungsfrei. Und in einer Lebenssituation gibt es nie nur eine geeignete Hilfe.
  3. Jedes Verhalten eines Menschen – auch z.B. Schulschwänzen – macht aus Sicht des Individuums Sinn: Lästiges kann abgewehrt, Selbstwert geschützt, Bedrohliches vermieden werden usw. Wenn Sie ein Verhalten verändern wollen, versuchen Sie also zuerst zu verstehen: Worin liegt der individuelle Sinn und der Gewinn? Die Suche nach “guten Gründen” ist zentral. Was haben die jungen Menschen davon, zur Schule zu gehen und sich dort anzustrengen? Ist es nur aus Erwachsenensicht ein Gewinn oder auch aus ihrer? Gibt es Entschädigungen für in Kauf genommene Mühsal? Nutzbringender als Ursachensuche ( “Warum” ) ist es, die Frage nach dem “Wozu” zu stellen, um so die Motive und Ziele, die (vermeintlichen) positiven Konsequenzen des jungen Menschen kennenzulernen. Streben nach Anerkennung und Erhalt des Selbstwertes, Wünsche nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Sinnerleben dürften wichtige Größen im Motivgeflecht auch von Schulmüden sein. Bedenken Sie auch: Was müssen die Schüler/innen aufgeben bzw. über welche inneren Widerstände müssten sie gehen, um sich an das halten zu können, was Sie verlangen?
  4. Fragen Sie sich, wie viel Deckung Ihre Forderung oder Ihr Wunsch im Moment hat und wie Sie andere Systeme einbeziehen können (Lehrer/innen, Klasse, Eltern, Schulleitung, Freunde usw.). Versuchen Sie, wann immer es geht, andere Kräfte und nicht zuletzt den/die Schüler/in in die Formulierung und Aushandlung von Zielen, Auflagen und Sanktionen einzubeziehen. Wenn Ihre Forderung auf vielen Füßen steht, kann man sie weniger leicht umschmeißen.
  5. Jugendliche wollen zunächst ihre Vorstellungen einseitig durchsetzen und dabei von den Eltern nicht genervt werden. Aber sie brauchen zugleich auch Personen, an denen sie sich reiben können, die in einer Art widerstehen, ohne dass die jungen Menschen ihr Gesicht verlieren. Verwöhnung, ständiges Anführen mildernder Umstände und Tolerierung von Ausflüchten verringern den Respekt. Junge Leute brauchen auch ehrliche Rückmeldungen, klare Erwartungen und deutliche Gütemaßstäbe. Erziehung ist dabei nicht darauf angelegt, dass das alles gleich Eins zu Eins im Jugendlichenverhalten umgesetzt wird. Auseinandersetzungen sind Eltern und jungen Leuten nicht zu ersparen. Konflikte können entgleiten, Kinder erniedrigen oder sie können entwicklungsfördernd wirken. Heftiger Streit mit Mutter oder Vater hilft dem jungen Menschen z.B. dabei, sich als eigenständiges Gegenüber mit eigenem Willen zu empfinden oder die Bedeutsamkeit von Sache und Person zu erleben. Was Sie anstrengt, kann für den Jungen oder das Mädchen gut sein, auch wenn die Situation unschön für beide ist! Entscheidend sind die Überschrift und Botschaft einer Herangehensweise, auch wenn das elterliche Handeln dem jungen Menschen nicht schmeckt. Stimmt die Haltung und gibt es eine Beziehung, kann es auch Zumutungen geben.
  6. Seien und bleiben Sie als Erwachsener (Lehrkraft, Mutter, Vater, Onkel, Bruder …) präsent: Ich gebe nicht auf, füge mich nicht, lasse mich nicht abschütteln, solange es Hoffnungsfunken gibt, dass “Null Bock” nicht alles ist. Da ist doch neben der abgewandten Seite noch etwas, das X in die Schule zieht?! Ihre Erwachsenenstärke zeigt sich daran, dass Sie körperlich, emotional und moralisch “da” sind. Endloses Reden ohne Folgen, Predigen, leere Drohungen erschöpfen sich allerdings im oft konsequenzlosen Immer-des-Selben. Sich ganz persönlich Zumuten, beharrliches Hineinsehen von anderen Möglichkeiten, gar aufdringliches Nicht-Aufgeben stehen dafür, in den Kontakt mit dem jungen Menschen kommen zu wollen – und sei es auf seltsame Weise oder an unorthodoxen Orten. Beispiele dafür sind symbolische Aktivitäten wie “Beschatten” des Schwänzers; Dauerklingeln beim Freund der Tochter, um bequemes Ausschlafen zu stören; “Sit-ins” im Zimmer der Schulschwänzer/innen, um nachdrücklich auf neue Absprachen hin zu dringen. Neben dem Verstehen, was läuft (1) und der praktischen Unterstützung (2), ist das ganz persönlich gefärbte elterliche Tun gefragt (3). Das kann mal die unerwartete Aktion mit Überraschungsmomenten sein, um unproduktive Beziehungsmuster zu unterbrechen (Machen Sie etwas anders!). Und das muss auch die in Aussicht gestellte Konsequenz, das entschlossene elterliche Tun sein (Setzen Sie um, was Sie ankündigen!). Die Schlüsselbotschaft lautet: Präsente Eltern suchen Kontakt, Berührung. Auch schulmüde Kinder sollten spüren, dass bei ihren Eltern die Tür offen steht. Insgesamt brauchen wir nicht auf eine patentierbare Wunder-, eine Mega-Methode hoffen. Wahrscheinlich ist es ein entscheidender Faktor (mindestens im Nachhinein werden die Jungen und Mädchen das honorieren!), dass um einen jungen Menschen und vor allem mit ihm gerungen wird, und dass er dies auch so erlebt.
  7. Unterstützen Sie die ganz persönliche Sinnsuche und die Modellierung von Zielen und Zukunftsbildern! Man muss an Potenziale glauben, sonst findet man weder Zugänge noch Helferzuversicht. Genau so wichtig ist der kühle Blick: Was ist auf Grund der Lebensumstände, des Entwicklungsniveaus, der Belastungsintensität realistischerweise (nicht) angezeigt? Pauschale Leistungs- und Anstrengungsappelle schaden.
  8. Ein “Programm” gegen Müdigkeit und Abwesenheit und für ein Gelingen der Schülerrolle hat nur Sinn, wenn der/die Jugendliche Akteur der eigenen Entwicklung bleibt oder wird. Nehmen Sie dem Kind / Jugendlichen nicht das ab, was es selbst tun könnte.
  9. Niemand öffnet sich oder lässt sich gar von einem Menschen leiten, von dem er glaubt, dass er einem schaden will.
  10. Wer einen inneren Bezug zur eigenen Jugend und zur eigenen Schülerzeit behält, gerät bei Schulproblemen von Kindern nicht so leicht in den Sog von Unverständnis, Vorwürfen, blinder Druckausübung.

Schulmüdigkeit und Schulverweigerung entstehen an verschiedenen Orten, tauchen an verschiedenen Orten auf und sind an verschiedenen Orten zu bearbeiten. Weder Eltern noch Schule werden bei Schulmüdigkeit und gar verfestigter Schulverweigerung alleine sehr weit kommen. Und eine gewisse Scheiternsrate in solchen harten Fällen ist selbst bei bestmöglicher Koppelung von Anstrengungen nicht zu vermeiden.

Einige goldene Regeln, die Handlungsalternativen vermehren könnten, lauten:

  1. Versuchen Sie zunächst, sich selbst zu stabilisieren.
  2. Sprechen Sie, als Eltern und als betroffene/r Jugendliche/r, mit anderen Menschen Ihres Vertrauens.
  3. Sehen Sie hin und nehmen Sie wahr, was läuft! Dabei sollte gelten: Weg mit Schuldzuschreibungen und Vorwürfen. Weder Selbstzerfleischung noch Verleugnung können Wege eröffnen.
  4. Abwarten verschärft Probleme und stabilisiert Teufelskreise.
  5. Arbeiten Sie zusammen. Schule und Elternhaus sind im Prinzip unverzichtbare Partner.
  6. Manchmal können auch Freunde und Vereinskameraden des jungen Menschen, Bekannte und Verwandte etwas beim Jugendlichen bewirken.
  7. Weitere mögliche Ansprechpartner können sein: das Schulamt, die schulpsychologischen Dienste, sonderpädagogische Förderzentren, das örtliche Jugendamt, Erziehungs- und Familienberatungsstellen, eine Jugendberatung, Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst, Ärzte, niedergelassene Therapeut/innen und am Ende Berufsberater/innen des Arbeitsamtes.
  8. Das Ziehen an einem Strang aller Beteiligten und die aktivierende Beteiligung des jungen Menschen an dem Lösungsgeschehen sind Voraussetzungen für mögliche Erfolge.

Anmerkung

1) Wertvolle Anregungen verdanke ich Prof. Dr. Mathias Schwabe von der Evangelischen Fachhochschule für Sozialarbeit in Berlin.

Literatur

  • Keller, Gustav (1999): Schulschwierigkeiten – was tun?, Wiebelsheim, Quelle und Meyer Verlag.
  • Puhr, Kirsten und andere (2001): Pädagogisch-psychologische Analysen zum Schulabsentismus, Halle, druck-zuck-Verlag
  • Simon, Titus & Uhlig, Steffen (Hrsg.) (2002): Schulverweigerung, Opladen, Leske und Budrich
  • Thimm, Karlheinz (2000): Schulverweigerung, Münster, Beltz-Votum Verlag

Autor

Prof. Dr. Karlheinz Thimm, Evangelische Hochschule Berlin

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