Mein(e) Ex zahlt mir keinen Unterhalt – Was kann ich tun?

Beatriz Loos
Loos Beatriz

Wer kennt das nicht? Peter und Simone trennen sich nach 6 Jahren Ehe. Sie vereinbaren einen Unterhalt, den Peter jeden Monat an Simone bezahlen soll. Diesen Unterhaltsbetrag haben Peter und Simone zuvor selbst berechnet. Schließlich wollten die beiden sich ja einvernehmlich trennen und möglichst Kosten sparen. Ein Jahr nach der Trennung zahlt Peter aber nicht mehr den vereinbarten Unterhalt. Er behauptet, ein Unterhaltsanspruch bestünde gar nicht mehr, außerdem könne Simone auch arbeiten gehen und Ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Er werde auf jeden Fall keinen Unterhalt mehr bezahlen. Nun fragt sich Simone, was sie tun soll.

Wichtig ist zunächst die Unterscheidung, auf welche Rechtsgrundlage der Unterhalt gestützt wird. Es ist zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt zu unterscheiden.

Auf welcher Grundlage kann man Unterhalt fordern?

Der Trennungsunterhalt besteht für den Zeitraum ab der Trennung bis hin zur Rechtskraft der Scheidung. Die Rechtskraft der Scheidung tritt dann ein, wenn die Scheidung durch das Gericht mittels des Scheidungsurteils ausgesprochen wurde und die Rechtsmittelfristen abgelaufen sind.

Der Trennungsunterhalt ergibt sich aus der Vorschrift des § 1361 Abs. 1 BGB und besagt, dass ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen kann. Schließlich schützt der § 1361 Abs. 2 BGB den nicht erwerbstätigen Ehegatten noch insoweit, dass er in der Regel, zumindest für das erste Jahr der Trennung, nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aufgefordert werden kann. Diese Vorschrift dient dazu, dass die wirtschaftlichen und tatsächlichen Lebensverhältnisse der Ehegatten während der Trennungszeit möglichst so belassen werden sollen wie sie während der Ehe bestanden. Dies soll einer möglichen Versöhnung der Ehegatten dienen.

Der nacheheliche Unterhalt kann sich aus verschiedenen, gesetzlich geregelten Unterhaltstatbeständen ergeben. Nach der Scheidung kann daher ein Unterhaltsanspruch wegen Betreuung der gemeinschaftlichen Kinder, wegen Alters, Erwerbslosigkeit, Krankheit, Erlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Fortbildung oder als Aufstockungsunterhalt bestehen.

Am häufigsten sind in der Praxis die Unterhaltstatbestände der Kinderbetreuung und des Aufstockungsunterhalts erfüllt.

Wie hoch ist der Unterhaltsbedarf?

Der Unterhaltsbedarf richtet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten während der Ehe. Maßgebender Zeitpunkt für die Bedarfsbestimmung für den Trennungsunterhalt ist der aktuelle Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse, an deren Entwicklung die Ehegatten bis zur Scheidung teilnehmen.

Beim nachehelichen Unterhalt werden nur die prägenden Einkünfte aus der Ehe für die Unterhaltsberechnung herangezogen. Daher wird zunächst auf den Zeitpunkt der Scheidung abgestellt. Die zu diesem Zeitpunkt erzielten Einkünfte sind eheprägend. Nach der Scheidung sind Einkünfte nur dann prägend, wenn sie bereits in der Ehe angelegt waren. Hierzu zählen sowohl Einkommenssteigerungen als auch Einkommensminderungen. Herausfallen kann hiervon beispielsweise der unerwartete Karrieresprung mit ungewöhnlicher Einkommenssteigerung.

Wenn der bisher nicht erwerbstätige Ehegatte nach der Trennung oder Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, dann kann diese als Ersatz für die bisherige Haushaltsführung als eheprägend angesehen werden. Dies bedeutet, dass das aus der aufgenommenen Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen in die Bedarfsermittlung eingesetzt wird.

Welche Entwicklungen eheprägend sind und den Unterhalt beeinflussen, ist in jedem Fall individuell nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten zu bestimmen.

Wie viel Unterhalt wird tatsächlich gezahlt?

Die Bedürftigkeit des Unterhalt verlangenden Ehegatten besteht, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen nicht selbst unterhalten kann. Der Ehegatte ist demnach in der Höhe bedürftig, in der er seinen nach den ehelichen Lebensverhältnissen errechneten Bedarf nicht durch eigene Einkünfte decken kann.

Tatsächlich erzieltes Einkommen des bedürftigen Ehegatten ist grundsätzlich bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Allerdings kann sich hier eine Ausnahme bei so genanntem überobligatorisch erzieltem Einkommen ergeben. Geht der bedürftige Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nach, obwohl er beispielsweise auf Grund der Kleinkinderbetreuung hierzu nicht verpflichtet wäre, dann stellt sich die Frage, in wie weit diese Einkünfte bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen sind.

Der Bundesgerichtshof geht in seiner stetigen Rechtsprechung davon aus, dass das überobligatorisch erzielte Einkommen nicht bedarfsprägend ist und allenfalls auf der Stufe der Bedürftigkeit nach Billigkeitsabwägungen zu berücksichtigen ist. Hier lässt sich keine allgemein gültige Formel aufstellen. Vielmehr sind die gesamten Lebensumstände und auch die Höhe des überobligatorisch erzielten Einkommens zu berücksichtigen.

Die Eingehung einer neuen Partnerschaft des Unterhalt fordernden Ehegatten kann zu einer Minderung der Bedürftigkeit bis hin zum Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen.

Wenn der Ehegatte einem neuen Partner den Haushalt führt und ihn versorgt, dann ist ihm ein Entgelt für die Versorgungsleistungen anzurechnen, auch wenn in tatsächlicher Hinsicht kein Geld gezahlt wird. Für diese Versorgungsleistungen werden in den verschiedenen Unterhaltsleitlinien Beträge zwischen 200 € und 500 € angenommen.

Wie viel Einkommen muss dem Unterhaltspflichtigen verbleiben?

Der Unterhaltsanspruch ist vielfach von der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten begrenzt. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen kommt es auf seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse an. Er ist verpflichtet, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und sich Einkünfte anrechnen zu lassen, die er bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit erlangen könnte.

Eine Einkommensverminderung oder ein Einkommenswegfall sind zu berücksichtigen, wenn sie nicht schuldhaft herbeigeführt worden sind. Wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte schuldlos seinen Arbeitsplatz verliert, dann muss die verminderte Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. Ein schuldhafter Arbeitsplatzverlust liegt vor, wenn der Arbeitnehmer freiwillig seinen Arbeitsplatz aufgibt oder durch ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten eine Kündigung provoziert hat. In diesen Fällen kann es zu einer Anrechnung von fiktiven Einkünften kommen.

Wenn der Unterhaltspflichtige unverschuldet arbeitslos ist, dann hat er sich unverzüglich um eine neue Arbeitstätigkeit zu bemühen. In der Regel wird ihm ein Zeitraum von 3 – 4 Monaten zur Erlangung einer neuen Erwerbstätigkeit eingeräumt. Hat er in dieser Zeit keine neue Erwerbstätigkeit erlangen können, dann muss er seine umfangreichen Erwerbsbemühungen nachweisen. Eine Meldung beim Arbeitsamt allein reicht hier in keinem Fall aus.

Nicht zu vergessen sind auch Verbindlichkeiten, die während der Ehe eingegangen worden sind. Jedoch ist im Einzelfall zu prüfen, ob diese berücksichtigt werden können/müssen und ob eine Streckung der Verbindlichkeiten sinnvoll und möglich ist, um die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu erhalten oder wieder herzustellen.

Dem Unterhaltspflichtigen steht gegenüber dem anderen Ehegatten grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt zu. Dieser ist Spiegelbild des eheangemessenen Bedarfs des Ehegatten und berechnet sich aus dem prägenden Einkommen. Der eheangemessene Selbstbehalt muss aber den notwendigen Selbstbehalt übersteigen, anderenfalls wird der notwendige Selbstbehalt als Untergrenze herangezogen. Der monatliche Eigenbedarf gegenüber dem getrennt lebenden und dem geschiedenen Ehegatten liegt derzeit bei 1.100,00 €, unabhängig von einer Erwerbstätigkeit.

Wie setze ich meinen Unterhaltsanspruch am besten durch?

Grundsätzlich können die Parteien den Unterhalt einvernehmlich außergerichtlich vereinbaren. Eine solche Vereinbarung über den Trennungsunterhalt sowie den nachehelichen Unterhalt nach Rechtskraft der Scheidung ist formfrei und muss daher nicht einmal schriftlich abgeschlossen werden. Bei einer Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt vor Rechtskraft der Scheidung ist eine notarielle Vereinbarung oder eine gerichtliche Protokollierung notwendig.

Zu beachten ist aber, dass nicht auf zukünftigen Trennungsunterhalt verzichtet werden kann. Auf den nachehelichen Unterhalt kann für die Zukunft prinzipiell verzichtet werden. Allerdings unterliegt dieser Verzicht einer Inhaltskontrolle. Eine solche ist insbesondere dann erforderlich, wenn der verzichtende Ehegatte auf Grund seiner Unterlegenheit gegenüber dem anderen Ehegatten besonders schutzbedürftig ist.

Aus einer privaten Unterhaltsvereinbarung kann jedoch nicht vollstreckt werden. Wenn eine solche private Vereinbarung vorliegt und der andere Ehegatte seinen Unterhaltszahlungen nicht nachkommt, dann muss dieser Unterhalt auf Grund der Vereinbarung erst einmal eingeklagt werden, um ihn mittels Zwangsmaßnahmen durchsetzen zu können.

Notwendig und sinnvoll ist es in vielen Fällen daher, den Unterhalt gerichtlich titulieren zu lassen, eine notarielle Vereinbarung mit der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung zu erstellen oder aber einen Anwaltsvergleich aufzusetzen, der bei Gericht niedergelegt und von diesem für vollstreckbar erklärt wird.

Sobald ein vollstreckbarer Titel vorliegt, kann der Unterhalt, wenn er nicht freiwillig gezahlt wird, durch eine Pfändung beispielsweise des Arbeitslohnes oder des Bankkontos, beigetrieben werden.

Am schnellsten und einfachsten ist sicherlich die Erstellung einer notariellen Vereinbarung oder eines Anwaltsvergleichs über den Unterhalt. Dies setzt aber voraus, dass beide Parteien sich auf einen Unterhalt geeinigt haben und mit der Festsetzung einverstanden sind.

Bestreitet eine der Parteien das Bestehen oder die Höhe des Unterhaltsanspruchs, dann ist die sinnvollste Lösung, diesen Unterhalt im Wege eines gerichtlichen Verfahrens einzuklagen.

Neben einem Hauptsacheverfahren besteht außerdem die Möglichkeit der Beantragung einer einstweiligen Anordnung. Die einstweilige Anordnung hat den Zweck, möglichst schnell eine vorläufige Unterhaltszahlung zu titulieren. Sie ist ein Eilverfahren, in dem auch nur eine „oberflächliche“ Prüfung des Unterhaltsanspruchs durchgeführt wird. Mit der einstweiligen Anordnung wird dem Unterhaltsberechtigten eine einstweilige Vollstreckungsmöglichkeit eingeräumt. Mit der Entscheidung der Hauptsache tritt die einstweilige Anordnung außer Kraft. Sie wird durch die Regelung in der Hauptsache ersetzt. Da die einstweilige Anordnung nur eine vorläufige Regelung darstellt, kann sie durch die Hauptsachentscheidung auch für die Vergangenheit abgeändert werden.

Ob die einstweilige Anordnung sinnvoll oder notwendig ist, lässt sich nicht generell beantworten und hängt vom Einzelfall ab. Oft kann sie aber zur vorläufigen Sicherung des Unterhalts nützlich sein.

Gerade im Familienrecht gibt es sehr viel Einzelfallrechtsprechung, so dass sich nur wenige generelle Aussagen treffen lassen. Dieser Artikel stellt keinen Anspruch auf vollständige Abhandlung der Thematik, sondern soll lediglich einen Themenaufriss darstellen und erste Tipps und Verständnishilfen im Bereich des Ehegattenunterhalts geben.

Autorin

Rechtsanwältin Beatriz Loos
Juliuspromenade 28
97070 Würzburg

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Erstellt am 7. Dezember 2005, zuletzt geändert am 30. September 2013
 

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