Stottern - braucht mein Kind Hilfe?

Eine Information der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe für Eltern

Stottern ist nicht selten, es tritt bei fünf Prozent aller Kinder auf. Die Störung des Redeflusses beginnt meist im Alter von 2 bis 6 Jahren. Größtenteils handelt es sich dabei um eine vorübergehende Phase, die spätestens mit Beginn der Pubertät endet. Bei zirka 25 Prozent dieser Kinder entwickelt sich jedoch ein dauerhaftes Stottern. Ein frühzeitiges Erkennen und Handeln hilft betroffenen Kindern bei der Bewältigung des Stotterns und kann sie vor Benachteiligungen schützen.

„Das verwächst sich…“

Beginnt ein Kind zu stottern erhalten Eltern häufig den Hinweis „abwarten, das verliert sich von selbst wieder“. Dier Rat ist jedoch nicht sinnvoll und kann sogar schädlich sein, wenn dadurch bei einem tatsächlichen Behandlungsbedarf wertvolle Zeit ungenutzt verstreicht.

Fakt ist: Bisher können selbst Experten nicht vorhersagen, welches Kind das Stottern bis wann „verlieren“ wird oder eben nicht. Sie handeln daher zum Wohle Ihres Kindes, wenn Sie sich jetzt über Stottern informieren und sich frühzeitig um eine diagnostische Klärung bemühen.

Stottern kann bereits bei Kleinkindern therapeutisch begleitet werden und Fachleute sind sich heute einig, dass Stottertherapie umso aussichtsreicher ist, je früher eine qualifizierte Behandlung erfolgt.

Stottert mein Kind?

Stottern besteht aus Unterbrechungen des Redeflusses:

  • Blockaden („H - - - - - - - - hallo Papa!“)
  • Wiederholungen von Buchstaben oder Silben („Wa-wa-wa-wa-was ist das?“)
  • Dehnungen bzw. lang gezogene Laute („Hooooolst du Eis?“)
  • Offensichtliche Anstrengung beim Sprechen

Je nach Situation tritt das Stottern unterschiedlich auf. So kann es sein, dass Ihr Kind vollkommen flüssig mit sich selbst oder mit seinem Teddy spricht. Auch gibt es immer wieder Zeiträume, in denen Kinder stärker stottern, im Wechsel mit Phasen relativer Stotterfreiheit.

Wenn sich Ihr Kind beim Sprechen offensichtlich anstrengt, sich verkrampft, auf sein unflüssiges Sprechen reagiert (z.B. durch Wut, Weinen, plötzliches Schweigen), wenn es bestimmte Begriffe oder Laute vermeidet, oder nicht mehr so gerne und viel spricht wie zuvor, sind das weitere Anzeichen dafür, dass es sich wirklich um Stottern handeln könnte.

Jetzt fachlichen Rat einholen!
Ganz gleich, ob bei Ihrem Kind einige oder alle dieser Zeichen vorliegen: Sobald die Sprechweise Ihres Kindes Sie verunsichert, sollten Sie eine fachliche Beratung und Diagnostik in Anspruch nehmen!

Warum stottert ein Kind?

Die Ursachen des Stotterns sind noch immer nicht abschließend erforscht. Fest steht jedoch: Eltern trifft keine Schuld an der Entstehung! Stottern entwickelt sich unabhängig von der sozialen oder kulturellen Herkunft und ist auch nicht vom Bildungsgrad oder dem Umgang innerhalb der Familie abhängig.

Wissenschaftler haben inzwischen festgestellt, dass die Sprachverarbeitung im Gehirn bei stotternden Menschen anders verläuft, als bei nicht stotternden. Wahrscheinlich ist auch, dass es eine Veranlagung zum Stottern gibt, die vererbt wird, hinzu kommen dann auslösende und aufrechterhaltende Faktoren. So kann ein besonderes Erlebnis (z.B. die Geburt eines Geschwisterkindes oder ein Sturz vom Fahrrad) zwar der auslösende Moment für Stottern sein, d.h. Sie bemerken, dass Ihr Kind seither stotternd spricht, sie sind jedoch nicht die Ursache – jedes andere Erlebnis hätte das Stottern ebenso hervorrufen können.

„Alles rein psychisch!“
Nur extrem selten liegen psychische Gründe für das Auftreten von Stottern vor. Hemmungen und ein geringes Selbstwertgefühl können jedoch Folgen eines andauernden Stotterns und der Reaktionen darauf (z.B. Lachen, Hänseleien) sein. Eine frühzeitige Beratung und eine darauf eventuell folgende Behandlung können verhindern, dass es dazu kommt.

Therapie schon für Kinder?

Stottern kann bereits bei Kleinkindern behandelt werden. Diagnostiziert und therapiert wird Stottern in Deutschland vor allem von Logopädinnen, Sprachheilpädagoginnen und Atem-, Sprech- und Stimmlehrerinnen (alle Berufe werden natürlich auch von Männern ausgeübt). Sie benötigen für den Besuch eine ärztliche Verordnung. Die Kinderärztin bzw. der Kinderarzt sollte Ihre Sorge ernst nehmen und die qualifizierte Diagnostik sowie eine eventuell notwendige Stottertherapie für Ihr Kind unterstützen. Vielleicht bringen Sie das Informationsmaterial über Stottern gleich mit in die Praxis.

Methoden der Stottertherapie
Vorsicht bei „Wundertherapien“, die Erfolge in kürzester Zeit versprechen! Zwar lässt sich Stottern in der Tat mit einfachen Änderungen der Sprechweise rasch vermindern, so dass Ihr Kind „geheilt“ erscheint. Die Techniken sind jedoch meist kaum für den Alltag geeignet.

Statt schneller Erfolge ist eine langfristig angelegte Methode wichtig. Eine qualifizierte Stottertherapie braucht Zeit und die Kosten werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Insbesondere bei der Behandlung sehr junger Kinder werden die Eltern in die Stottertherapie einbezogen, z.B. durch eine begleitende Beratung, damit Sie Ihr Kind unterstützen können.

Zuhören und Zeit geben

Es ist verständlich, wenn Sie das Stottern Ihres Kindes verunsichert. Für Ihr Kind ist es jedoch hilfreicher, wenn Sie es mit seiner Art zu sprechen akzeptieren und es dabei unterstützen, nicht gegen das Stottern anzukämpfen. Vermeintlich gute Ratschläge wie „Hol erst mal tief Luft“ oder „Denk nach, bevor du sprichst“ setzen das Kind nur unter Druck.

Schauen Sie Ihr Kind entspannt an und hören Sie gelassen zu, was es Ihnen sagt. Ergänzen Sie seine Wörter oder Sätze nicht, geben Sie Ihrem Kind die Zeit, bis zu Ende auszusprechen. Zeigen Sie, dass es Ihnen wichtig ist was Ihr Kind sagt und nicht wie es dies tut!

In Kita und Schule

Gehen Sie offen mit dem Stottern Ihres Sohnes oder Ihrer Tochter um! Unterrichten Sie das Kindergarten-Team darüber, ebenso die Lehrkräfte, denn meist wissen sie nicht viel über Stottern oder darüber, wie sie mit betroffenen Kindern umgehen sollen. Gut informiert werden sie Ihr Kind besser unterstützen können und angemessen auf die Reaktionen anderer Mädchen und Jungen eingehen, falls sie z.B. über das Stottern lachen.

Stotternde Schulkinder haben übrigens Anspruch auf einen so genannten Nachteilsausgleich für die mündlichen Leistungen. Sprechen Sie daher bei der Einschulung das Thema Stottern an, damit diese gesetzlich geregelte Möglichkeit für Ihr Kind genutzt werden kann.

Wer hilft weiter?

Die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. (BVSS) ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation. Wir vertreten die Interessen stotternder Menschen und ihrer Angehörigen. Eltern stotternder Kindern bieten wir folgende, sich ergänzende Möglichkeiten:

  • Faltblätter und Broschüren – zur Erstinformation über Stottern, beispielsweise die Broschüre „Wenn Kinder stottern – Tipps zur Therapeutensuche“, die wir gemeinsam mit dem Bundesverband für Logopädie erstellt haben.
  • Elternseminar – hier vertiefen Sie gemeinsam mit anderen Familien Ihr Wissen über Stottern und erfahren, angeleitet von einer Sprachheilpädagogin, wie Sie Ihr Kind unterstützen können.
  • Individuelle Fachberatung – rund um die Methoden und Möglichkeiten der Stottertherapien und den Umgang mit Stottern innerhalb der Familie.
  • Therapeutenverzeichnis – Adressen qualifizierter Therapeutinnen und Therapeuten, die sich auf die Behandlung stotternder Kinder spezialisiert haben.
  • Literatur und Filme – beim zur BVSS gehörenden Fachverlag Demosthenes erhalten Sie unter anderem den Ratgeber „Mein Kind stottert – was nun?“ sowie Mut machende Kinderbücher und Comics.

Quelle

Informations- und Beratungsstelle Stottern
Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. (BVSS)
Zülpicher Str. 58
50674 Köln

Telefon 0221 – 139 1106
E-Mail
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© Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V., 2011

eingestellt am 22. Oktober 2015

 

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